Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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deutung für die Systematik der Rechtswissenschaft sind, braucht 
keines weiteren Beweises. 
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Im Vorhergehenden wurde bereits eine der vielen Unzweck- 
mässigkeiten antizipiert, die der Dualismus im Recht für die ge- 
samte Rechtssystematik mit sich bringt. Es ist dies die prinzipielle 
Entfremdung zweier Materien, die inhaltlich innig miteinander 
zusammenhängen. ÖOeffentliches und privates Recht werden voll- 
ständig getrennt gepflegt: der Publizist kümmert sich nicht um 
den Zivilisten, der Zivilist kehrt sich nicht an den Publizisten. 
Dieser Zustand wird vollends noch als eine besondere Er- 
rungenschaft der modernen Staatsrechtswissenschaft gepriesen. 
In Wahrheit reisst durch ihn eine gewisse saloppe Art der Be- 
handlung juristischer Grenzfragen d. i. solcher, die das öffent- 
liche und private Recht gleichmässig berühren, ein: Der Publi- 
zist fühlt sich des strengen logischen Apparates zivilistischer 
Jurisprudenz enthoben, wenn er über solche Fragen — was in 
der Regel ohnehin nur gelegentlich und nebenbei geschieht — zu 
sprechen hat. So schreibt, um ein konkretes Beispiel anzu- 
führen, der Publizist ULBRICH ruhig einen Satz nieder, den 
der Zivilist ULBRICH sicher unmöglich akzeptieren könnte. Er 
sagt in seinem „Oesterreichischen Verwaltungsrecht“ 
(1904) bei Besprechung der öffentlich-rechtlichen Verbände, die 
er allgemein in Fürsorgeverbände und Berufsgenossenschaften 
teilt, von diesen letzteren: Hier ist also Träger der Korporations- 
rechte weniger (!) die Gesamtheit der Berufsangehörigen als 
diese ständige Vertretung“ (S. 144). Mit der ständigen Ver- 
tretung meint der Autor die verschiedenen „Kammern“ wie 
die Handels- und Gewerbe-, Aerzte-, Advokaten-, Notaren- und 
ähnliche Kammern, d. h. also die Gesamtheit der in die Ver- 
tretung von den Berufsangehörigen gewählten Personen. Wenn 
nun der zitierte Satz auch für den eingeschworenen Publizisten 
ziemlich schwer zu begreifen ist, bleibt er vollends ein Mysterium
	        
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