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für den Zivilisten. Der letztere denkt, da ULBRICH von „Kor-
porationsrechten“ spricht, zunächst an eine Korporation, also
eine gewöhnliche juristische Person unmodernen Angedenkens,
und legt sich dann die von ÜULBRICH nicht näher beleuchtete
Frage vor, wer denn eigentlich hier diese Korporation bilde:
die gewählten Kammermitglieder, die wahlberechtigten Berufs-
angehörigen oder die Gesamtheit derselben, ohne Rücksicht da-
rauf, ob sie ein Wahlrecht haben oder nicht? Wie dem auch
sein möge, die Korporation als juristische Abstraktion müsse
ein unteilbares Rechtssubjekt sein und demnach wären die Kor-
porationsrechte geteilt und zwar zwischen dieser und einem (oder
mehreren?) Rechtssubjekten. Nimmt man nun die Gesamtheit
der Berufsangehörigen als physische Grundlage für die corporatio,
so wären die Korporationsrechte geteilt zwischen der corporatio
und ihrem eigenen Organ d. h. ihrer Vertretung: der Kammer.
Eine zivilistisch sicher unvollziehbare Vorstellung!
Nun wird man mir — und zwar mit Recht — entgegnen,
dass es bei Publizisten nicht so streng mit Ausdrücken wie
„Korporationsrechte“ und dgl. zu nehmen sei. Leider! Mit einer
gewissen Harmlosigkeit, die das Privilegium öffentlich-rechtlicher
Methode zu sein scheint, wird hier ein und dasselbe Ding bald
Korporation, Körperschaft, Genossenschaft, bald autonomes
Organ — diese juristisch nichtssagende Bezeichnung ist, weil
gänzlich unverbindlich, besonders beliebt —, Institution von be-
hördlichem Charakter oder gar autonome Behörde genannt. Wie
verhalten sich aber die Zivilisten zu derartigen Konstruktionen ?
In der Regel vollständig passiv. Sobald nämlich irgend ein
Verband oder Gemeinwesen von den Publizisten als „öffentlich-
rechtliche Körperschaft“ für ihr Fach vindiziert wird, hört die
zivilistische Abteilung der Rechtsgelehrten in der Regel bereit-
willig auf, sich näher mit diesem Wesen zu beschäftigen. Wenn
sie genötigt ist, es trotzdem zu tun, so geschieht es mit der-
jenigen Vorsicht, die man einem fremdartigen Gebilde schuldig