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Königs gebunden ist, wenngleich sie nur einen deklaratorischen
Inhalt hat. Die Gesetzgebung des neuen Deut-
schen Reiches hathierin keine Aenderung gebracht.
Den vom 2. Strafsenat des Kammergefichts aufgestellten
Satz (S. 4 fig. des Strafurteils), dass der Strafrichter dem
Grundsatz des 8 260 der Reichs-Strafprozessordnung zufolge
nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften
Ueberzeugung zu entscheiden habe, bestreitet das Heroldsamt
selbstverständlich nicht. Der Strafrichter hat nach $ 260 StrPO.
aber in dieser Weise nur zu entscheiden über das Ergeb-
nis der Beweisaufnahme. Die Erörterung der
Rechtsfragen — und um eine solche allein handelt es sich
bei der Frage, ob der wegen unbefugter Annahme eines Adels-
prädikats Angeklagte die Berechtigung zur Führung des Adels-
prädikats besitzt oder nicht — ist aber nicht Gegenstand der
Beweisaufnahme (s. oben). Die Rechtsfragen hat der Straf-
richter gerade vielmehr auf Grund der Beweisauf-
nahme zu entscheiden, sofern er zu deren Entscheidung zu-
ständig ist. Die Beweisaufnahme hat sich nur auf Tatsachen
zu richten. Als solche Tatsache hat unter Umständen in
Betracht zu kommen und ist daher nur als Tatsache festzu-
stellen, wie eine Rechtsfrage von einer anderen Behörde ent-
schieden ist, nämlich dann, wenn der Strafrichter seinerseits zur
Entscheidung der Rechtsfrage nicht zuständig ist. Hierbei ist
Ansicht des Strafsenats entgegenzutreten, dass der Strafrichter
in der Beurteilung einer Rechtsfrage an die Entscheidung einer
anderen Behörde nur im Wege Reichsgesetzes gebunden
werden könne (8. 5 des Strafurteils). Dies trifft jedenfalls da
nicht zu, wo es sich um eine dem besonderen Staatsrecht
eines Bundesstaats angehörende Frage handelt. Derartige staats-
rechtliche Sonderfragen zu ordnen, steht, soweit dies mit dem
Reichsstaatsrecht vereinbar ist, lediglich jedem Bundesstaat für
sich zu. Der von dem Strafsenat angezogene Art. 2 der Reichs-