Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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Königs gebunden ist, wenngleich sie nur einen deklaratorischen 
Inhalt hat. Die Gesetzgebung des neuen Deut- 
schen Reiches hathierin keine Aenderung gebracht. 
Den vom 2. Strafsenat des Kammergefichts aufgestellten 
Satz (S. 4 fig. des Strafurteils), dass der Strafrichter dem 
Grundsatz des 8 260 der Reichs-Strafprozessordnung zufolge 
nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften 
Ueberzeugung zu entscheiden habe, bestreitet das Heroldsamt 
selbstverständlich nicht. Der Strafrichter hat nach $ 260 StrPO. 
aber in dieser Weise nur zu entscheiden über das Ergeb- 
nis der Beweisaufnahme. Die Erörterung der 
Rechtsfragen — und um eine solche allein handelt es sich 
bei der Frage, ob der wegen unbefugter Annahme eines Adels- 
prädikats Angeklagte die Berechtigung zur Führung des Adels- 
prädikats besitzt oder nicht — ist aber nicht Gegenstand der 
Beweisaufnahme (s. oben). Die Rechtsfragen hat der Straf- 
richter gerade vielmehr auf Grund der Beweisauf- 
nahme zu entscheiden, sofern er zu deren Entscheidung zu- 
ständig ist. Die Beweisaufnahme hat sich nur auf Tatsachen 
zu richten. Als solche Tatsache hat unter Umständen in 
Betracht zu kommen und ist daher nur als Tatsache festzu- 
stellen, wie eine Rechtsfrage von einer anderen Behörde ent- 
schieden ist, nämlich dann, wenn der Strafrichter seinerseits zur 
Entscheidung der Rechtsfrage nicht zuständig ist. Hierbei ist 
Ansicht des Strafsenats entgegenzutreten, dass der Strafrichter 
in der Beurteilung einer Rechtsfrage an die Entscheidung einer 
anderen Behörde nur im Wege Reichsgesetzes gebunden 
werden könne (8. 5 des Strafurteils). Dies trifft jedenfalls da 
nicht zu, wo es sich um eine dem besonderen Staatsrecht 
eines Bundesstaats angehörende Frage handelt. Derartige staats- 
rechtliche Sonderfragen zu ordnen, steht, soweit dies mit dem 
Reichsstaatsrecht vereinbar ist, lediglich jedem Bundesstaat für 
sich zu. Der von dem Strafsenat angezogene Art. 2 der Reichs-
	        
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