230 Frankreich. (November 26.)
Reise, auf der es die Staatsoberhäupter der ersten Staaten Europas be-
suchte, nach Frankreich, um die Regierung des befreundeten französischen
Volkes zu begrüßen. Frankreich hat seinen erlauchten Gästen gegenüber
nicht nur die naturgemäßen Gebote der Gastlichkeit befolgt, sondern es hat
auch zugleich in den Empfang etwas so Herzliches und Würdiges gelegt,
daß man in der ganzen Welt empfunden hat, daß ein feierlicher Akt durch
diesen Besuch eines großen Monarchen bei einem großen Volke sich vollzog.
Dann haben der Präsident der Republik und die Erwählten des Volkes
sowie jedermann bis zum einfachsten Bürger zusammengewirkt zum Glanze
dieser Feste, und man sah in demselben Gefühl der Freude und des Ver-
trauens alles vereint, was an der Vergangenheit festhält und alles, was
an die Zukunft denkt. Man befragt uns heute und wünscht Aufklärungen
von uns über die politische Richtung, welche wir verfolgen, Aufklärungen,
welche man von unseren Vorgängern nicht verlangt hat. Ich habe darauf
nur ein Wort zu erwidern. Das was öffentlich ausgesprochen werden kann
und soll, ist in vorher genau abgewogenen und vereinbarten Ausdrücken
von dem Kaiser von Rußland und von dem Präsidenten der Republik in
Cherbourg vor den Offizieren der Marine, in Paris vor den Vertretern
der Regierung und der Nation und in Chalons vor den Offizieren des
Landheeres ausgesprochen worden." Der Minister schließt, er halte sich an
diese Erklärungen. Die Stelle, die er bekleide, und ein höheres Interesse,
welches die Kammer verstehen werde, legten ihm die Pflicht auf, hinsicht-
lich des Uebereinkommens (entente), das heute niemand mehr zu leugnen
oder in Zweifel zu ziehen denke, nichts hinzuzufügen. (Beifall.)
Auf eine Anfrage Deloncles über Egypten erwidert Hanotaux,
man müsse das Urteil des Gerichts abwarten. „Was die legitimen Rekla-
mationen Frankreichs in der egyptischen Frage betrifft, so hat niemand,
unsere Vorgänger so wenig wie wir selber, je daran gedacht, sie aufzugeben.
Alle einander folgenden Ministerien haben mit der öffentlichen Meinung
und mit der Auffassung des Parlamentes sich in Uebereinstimmung gewußt,
in der Aufrechterhaltung dieser Revindikation und in der Forderung nach
der Durchführung der eingegangenen Verpflichtungen. Die Politik der
letzten Jahre, was man immer von ihr sagen möge, hat ein Resultat ge-
habt, welches der Aufmerksamkeit nicht entgehen kann: Während Frankreich
durch lange Zeit sozusagen allein gestanden mit seiner Forderung nach Er-
füllung der eingegangenen Engagements, fühlt es sich heute in derselben
Forderung nicht mehr isoliert und wir dürfen erfreulicherweise glauben,
daß nach und nach eine Sache, welche die Interessen aller Mächte berührt,
auch in die Geister derjenigen eindringen wird, die sich am meisten dagegen
auflehnen. Unter allen Umständen ist auch von diesem Gesichtspunkte ein
Fortschritt erreicht, und ich für meinen Teil bin überzeugt, daß die Diplo-
matie, wenn sie auch nichts überhasten soll, mit Beharrlichkeit das Ziel,
das sie sich einmal gesetzt, im Auge behalten soll."
November. Depeschenwechsel Faures mit Menelik. Siehe
Afrika.
26. November. (Deputiertenkammer.) Antrag auf Ver-
weltlichung der Mädchenschulen.
Abg. Jourdan (rad.) beantragt Verweltlichung sämtlicher Mädchen-
schulen binnen zwei Jahren. Ministerpräsident Méline weist den Antrag
der großen Kosten wegen als unmöglich ab. Der Antrag wird mit 326
gegen 237 Stimmen abgelehnt.