Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

230 Frankreich. (November 26.) 
Reise, auf der es die Staatsoberhäupter der ersten Staaten Europas be- 
suchte, nach Frankreich, um die Regierung des befreundeten französischen 
Volkes zu begrüßen. Frankreich hat seinen erlauchten Gästen gegenüber 
nicht nur die naturgemäßen Gebote der Gastlichkeit befolgt, sondern es hat 
auch zugleich in den Empfang etwas so Herzliches und Würdiges gelegt, 
daß man in der ganzen Welt empfunden hat, daß ein feierlicher Akt durch 
diesen Besuch eines großen Monarchen bei einem großen Volke sich vollzog. 
Dann haben der Präsident der Republik und die Erwählten des Volkes 
sowie jedermann bis zum einfachsten Bürger zusammengewirkt zum Glanze 
dieser Feste, und man sah in demselben Gefühl der Freude und des Ver- 
trauens alles vereint, was an der Vergangenheit festhält und alles, was 
an die Zukunft denkt. Man befragt uns heute und wünscht Aufklärungen 
von uns über die politische Richtung, welche wir verfolgen, Aufklärungen, 
welche man von unseren Vorgängern nicht verlangt hat. Ich habe darauf 
nur ein Wort zu erwidern. Das was öffentlich ausgesprochen werden kann 
und soll, ist in vorher genau abgewogenen und vereinbarten Ausdrücken 
von dem Kaiser von Rußland und von dem Präsidenten der Republik in 
Cherbourg vor den Offizieren der Marine, in Paris vor den Vertretern 
der Regierung und der Nation und in Chalons vor den Offizieren des 
Landheeres ausgesprochen worden." Der Minister schließt, er halte sich an 
diese Erklärungen. Die Stelle, die er bekleide, und ein höheres Interesse, 
welches die Kammer verstehen werde, legten ihm die Pflicht auf, hinsicht- 
lich des Uebereinkommens (entente), das heute niemand mehr zu leugnen 
oder in Zweifel zu ziehen denke, nichts hinzuzufügen. (Beifall.) 
Auf eine Anfrage Deloncles über Egypten erwidert Hanotaux, 
man müsse das Urteil des Gerichts abwarten. „Was die legitimen Rekla- 
mationen Frankreichs in der egyptischen Frage betrifft, so hat niemand, 
unsere Vorgänger so wenig wie wir selber, je daran gedacht, sie aufzugeben. 
Alle einander folgenden Ministerien haben mit der öffentlichen Meinung 
und mit der Auffassung des Parlamentes sich in Uebereinstimmung gewußt, 
in der Aufrechterhaltung dieser Revindikation und in der Forderung nach 
der Durchführung der eingegangenen Verpflichtungen. Die Politik der 
letzten Jahre, was man immer von ihr sagen möge, hat ein Resultat ge- 
habt, welches der Aufmerksamkeit nicht entgehen kann: Während Frankreich 
durch lange Zeit sozusagen allein gestanden mit seiner Forderung nach Er- 
füllung der eingegangenen Engagements, fühlt es sich heute in derselben 
Forderung nicht mehr isoliert und wir dürfen erfreulicherweise glauben, 
daß nach und nach eine Sache, welche die Interessen aller Mächte berührt, 
auch in die Geister derjenigen eindringen wird, die sich am meisten dagegen 
auflehnen. Unter allen Umständen ist auch von diesem Gesichtspunkte ein 
Fortschritt erreicht, und ich für meinen Teil bin überzeugt, daß die Diplo- 
matie, wenn sie auch nichts überhasten soll, mit Beharrlichkeit das Ziel, 
das sie sich einmal gesetzt, im Auge behalten soll." 
November. Depeschenwechsel Faures mit Menelik. Siehe 
Afrika. 
26. November. (Deputiertenkammer.) Antrag auf Ver- 
weltlichung der Mädchenschulen. 
Abg. Jourdan (rad.) beantragt Verweltlichung sämtlicher Mädchen- 
schulen binnen zwei Jahren. Ministerpräsident Méline weist den Antrag 
der großen Kosten wegen als unmöglich ab. Der Antrag wird mit 326 
gegen 237 Stimmen abgelehnt.
	        
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