Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 32 (32)

— 419 — 
ist, richtiger ausgedrückt: daß etwas, was als Gesetz publiziert wird, 
oder sich sonst irgendwie als Gesetz ausgibt, für ein Nicht-Gesetz, 
für nichtig zu betrachten ist, wenn es den Bestimmungen 
nicht entspricht, die in der Reichsverfassung und in den Landes- 
verfassungen für das Zustandekommen und die Abänderung eines 
Gesetzes, sei es Heichs- oder Landesgesetzes, aufgestellt sind. 
Die bisherigen Ausführungen, die den Begriff des nichtigen oder 
ungültigen Gesetzes voraussetzen, haben — mit Absicht — von 
den Bestimmungen des Staatsgrundgesetzes über die richterliche 
(ewalt abstrahiert. Da aber diese Bestimmungen dem Richter 
das Recht der Prüfung gehörig kundgemachter Gesetze ausdrück- 
lich entziehen, muß die Voraussetzung, unter der das Verhältnis 
von Reichsgesetz und Landesgesetz untersucht wurde: nämlich 
die Möglichkeit, ein Gesetz — oder etwas, was sich als Gesetz 
ausgibt, vom Standpunkte der Reichs- oder Landesverfassung für 
ungültig (d. h. nichtig) zu erklären, durchaus problematisch er- 
scheinen. 
Die Bestimmungen, welche irgendeine Verfassung über das 
Zustandekommen und die Abänderung von Gesetzen enthält, sind 
an sich ihrer rechtslogischen Natur nach nicht 
etwa rechtsverpflichtende Normen; sie statuieren ebensowenig eine 
Rechtspflicht der legislativen Organe, Gesetze nur auf die 
von der Verfassung vorgeschriebene Weise zustandezubringen 
oder abzuändern, wie etwa die Vorschriften über die Errichtung 
des Testamentes den Testator rechtlich verpflichten. Durch diese 
Art von Bestimmungen wird kein rechtliches Sollen, sondern 
ein rechtliches Können statuiert: auf diese und keine andere 
Weise kann ein Reichs- oder Landesgesetz entstehen oder ab- 
geändert werden. Die legislativen Organe — der Monarch und 
das Parlament — verletzen keine Rechtspflicht, wenn sie in der 
Absicht, ein Gesetz zustandezubringen oder abzuändern, diese 
Bestimmungen nicht beobachten. Sie erreichen den vorgesehenen 
Zweck überhaupt nicht. Was unter Nichtbeobachtung der frag-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.