Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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mit aber entfällt auch ein entsprechendes Recht auf der Seite der 
übrigen Staaten. 
Nimmt man jedoch wirklich an, es wäre gelungen, einen 
solchen Staatenbund ins Leben zu rufen, so würde damit noch 
wenig gewonnen sein, denn es kann nicht zugegeben werden, daß 
es möglich sein würde, den erforderlichen Zwang zur Befolgung 
der ergangenen Entscheidungen in anderer Weise, als mittels eines 
Krieges durchzuführen. Gegenüber kleineren Staaten wäre das 
denkbar, aber das geschieht schon heute und würde deshalb keinen 
Fortschritt bedeuten. Den Balkanstaaten wurde es nicht freige- 
stellt, ihre Meinungsverschiedenheiten durch einen Krieg zum Aus- 
trage zu bringen, sondern sie wurden von den auf der Londoner 
Konferenz vereinigten Großmächten gezwungen, sich deren An- 
ordnungen zu fügen. Mehr würde auch künftig nicht zu er- 
reichen sein. 
Aber selbst das Mittel eines Krieges zur zwangsweisen 
Durchführung der Schiedssprüche würde oft versagen. Entstehen 
Streitigkeiten unter Großmächten, so ist es sehr häufig, daß nicht 
zwei, sondern mehrere von ihnen beteiligt sind. Auch in Zukunft 
würde sich die Bildung von Mächtegruppen nicht vermeiden lassen. 
Käme innerhalb des Staatenbundes ein Streit zum Austrage, so 
würden deshalb nicht selten derartige Gruppen sich gegenüber 
stehen. Aber auch unter den formell nicht beteiligten Staaten 
würde es solche geben, die auf der Seite einer dieser Gruppen 
ständen. Es würde deshalb ein einstimmiges Urteil nicht zustande 
kommen, sondern nur eine Mehrheitsentscheidung. Dann aber wür- 
den die überstimmten Staaten wahrscheinlich gar nieht daran den- 
ken, gegen diejenige Macht oder Mächtegruppe, deren Standpunkt 
sie teilen, die Waffen zu ergreifen. 
Das liegt am klarsten auf der Hand bei Streitigkeiten, die 
auf der Verschiedenheit der Interessen beruhen, oder die gar 
in den oben erwähnten weltgeschichtlichen Gegensätzen 
ihren Grund haben. Aber selbst bei Entscheidungen recht- 
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