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Vom Rechte des Fiskus.
Von
Oberregierungsrat CHR. BEHR.
—
I.
Vom Rechte des Fiskus ist in der heutigen Rechtswissen-
schaft nicht mehr viel die Rede; offenbar weil sie davon ausgeht,
daß es ein jus fisci nicht mehr gebe. Der Staat, der als Fiskus
in den Privatrechtsverkehr eintritt, wird grundsätzlich und in
jeder Rücksicht wie ein Privatmann behandelt".
In der Tat nimmt das heutige deutsche Recht — im Gegen-
satz zum altrömischen, englischen und französischen Rechte —
diesen grundsätzlichen Standpunkt ein: im allgemeinen sind die
Privilegien des Fiskus abgeschafft, die privatrechtlichen wie die
prozeßrechtlichen. Letzteres ist nicht minder wichtig, denn die
privatrechtliche Gleichstellung wäre wertlos, wenn es im Streit-
falle nicht möglich wäre, den Fiskus vor Gericht zu ziehen. Die
prozeßrechtliche Selbstbescheidung des Staates ist denn auch das
Einzige, was in den heutigen Gesetzen hierüber ausdrücklich aus-
gesprochen wird. Das Reichsgesetz (EG. z. ZPO. $ 4) untersagt
es, den Rechtsweg für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für die er
1 Ich spreche hier vom Fiskus im Sinne der privatrechtlichen Seite
des Staates, ohne zu verkennen, daß dieser auch als Subjekt publizistischer
Vermögensrechte Fiskus genannt wird: Wach, Hand. S. 92; JELLINEK,
Syst. 2. Aufl. S. 60.