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bildlich: zuerst kommt ein kurzes Vorspiel auf dem 'l’heater, wo drei
Juristen sich über das Darzustellende unterhalten (S. 5—7). Dann eine Art
juristischer Walpurgisnacht, „die Paragraphenkolonie“, wo allerhand Ge-
setzesparagraphen in wunderlicher Maskerade und sonstige Gespenster mit
einander herumspuken (S. 7—17). Dann scheint die Sache, äußerlich wenig-
stens, gesetzter werden zu wollen und schließt mit einem recht nüchternen
Abdruck der „wichtigsten Notstandserlasse der Reichsregierung bis zum
31. Dezember 1918“, wozu der Verfasser bemerkt: „Ein Notstands-
erlaß gegen versetzte Schlagwörter istleidernichter-
gangen* (S. 15]).
Aber nun kommt erst noch ein „Epilog“: „Vom Logos und Nomos, von
den Rechtsquellen. Unjuristisches und Juristisches, darin einige Wünsche
für die neue Verfassung“ (S. 123). Das hat die Form eines Briefes an einen
„Freund“, der vorher schon dazwischen in die Erörterung hereingezogen
worden war. Er wird jetzt aufgefordert: „Versetze dich in das Studierzimmer
des Dr. Faust, meinetwegen in die Rolle des Pudels“, und wenn anzu-
nehmen ist, daß er mit dem Vorgetragenen unzufrieden sei, wird er streng
angefahren: „Pudel, so laß das Heulen“ (8. 131).
Im allgemeinen ist aber anzuerkennen, daß der Verfasser die rauhen
Töne, wie der Stoff sıe manchmal hervorrufen könnte, nicht liebt. Wo er
z. B. S. 114 die Beseitigung gewisser deutscher Staatsmänner verlangen zu
müssen glaubt (wer mag gemeint sein), tut er das in der schonenden Ver-
hüllung: „Sowohl „der ewig Wechselnde“ als „der ewig Sächselnde“ sollten
doch endlich einmal andere Arbeit verrichten.“ Vor allem den Schrift-
stellern gegenüber ist er höflich, auch wo er sie bekämpft. Zweien wird
geradewegs seine „Bewunderung“ ausgesprochen; das ist JosErF KOHLER
(S. 126) und Ernst Fuchs, „der tüchtigste Urteilsschelter“ (S. 163). Auch
sonst werden gerne Freundlichkeiten gesagt. Wenn es ausnahmsweise
S. 190 heißt: „Wie viele Phrasen finden sich bei GIERKE, KAHL, KOHLER,
v. Liszt und STAMMLER*, so ist das nach dem ganzen Zusammenhang
nicht schlimm gemeint. In diesem Geiste ist es auch zu verstehen, wenn
der Verfasser die Schriftsteller, „deren Erwähnung nahe lag“, nachträg-
lich noch reihenweise aufführt, ohne sie weiter zu benützen oder auch
nur die bezüglichen Schriften zu bezeichnen; so S. 125 im ganzen 28 Stück,
S. 141 gar 35. Sie dienen mit ihren Namen der Arbeit als Schmuck, was
ihnen nur schmeichelhaft sein kann.
Mehr als einen solchen äußerlichen Schmuck wollen die manchmal
breiter ausgeführten philosophischen Anknüpfungen bedeuten. So begegnen
wir unter anderem Herakleitos dem dunklen, der dem xöp, dem Feuer, den
%öyog, die Vernunft, gegenüberstellt (S. 79 ff.), jenes schließlich hier durch
die Unabhängigen, diese durch die Herren Scheidemann und Fbert vertre-
ten (S. 90, wobei die Bezeichnung der Regierung als der „Männer, die auf
dem Dache saßen‘, während es unten brannte, etwas anzüglich erscheinen