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Reichstag einschiebt (Art. 43). Schon in dieser Hinsicht gerät
die Denkschrift in Widerspruch mit sich selbst und ihrem Vor-
haben, den Präsidenten für Wahl und Wiederwahl vom
Parlamente unabhängig zu stellen, und auch der
endgültige Text der Verfassung ist ihr darin gefolgt. Das wäre
freilich jedem Prätor kleine Sorge, wenn nicht anders die Rück-
sicht auf den Parlamentarismus in Verbindung mit den überlie-
ferten zählebigen Anschauungen von der Notwendigkeit einer ju-
ristisch und politisch verantwortlichen Reichsregierung die nähere
Ausprägung des Reichsapparats vom amerikanischen Vorbild weit
abgetrieben hätte.
Schon die letzte Stellung des Reichskanzlers nach der Ver-
fassungsreform vom 28. Oktober 1918, ferner alles, was man sich
seit Jahren und Jahrzehnten von einer verantwortlichen Reichs-
regierung gewünscht und erwartet hatte, nicht an allerletzter
Stelle der Parallelismus mit Frankreich, das sich einst genau so
vor das Problem gestellt fand, von einer herrschaftlichen Staats-
form ausgehend den Uebergang zur parlamentarisch-genossen-
schaftlichen zu finden, mußte einer Einführung der amerikanischen
„Präsidentschaftsrepublik“ in Pausch und Bogen hinderlich sein
und eine wirklich herrschaftliche Ausstattung des Reichspräsi-
denten auch nur innerhalb seines Wirkungskreises hintertreiben.
Für diese herrschaftliche Stellung des Präsidenten der Vereinigten
Staaten in seinem eigenen Hause ist eben der Mangel einer soge-
nannten „ministeriellen“ Verantwortlichkeit seines Kabinetts das
Entscheidende. Wohl mit Recht konstatierte ursprünglich AN-
SCHÜTZ, daß die plebiszitäre Präsidentschaft kein parlamentarisches
Ministerium als. faktischen Alleinträger der Regierungsgewalt
neben sich dulde!’. Zwischen dem weiten genossenschaftlichen
Kreise, der den Reichspräsidenten trägt, und dem engeren der
Volksvertretung, von der er abhängig wird, gibt es nun einmal
zeitweilige Spannungsmöglichkeiten, über die schon ROUSSEAU
ı D. JZ. 1919, S. 122.