Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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ablehnt oder in Ländern, die das Mißtrauensvotum als solches 
kennen, dasselbe ausspricht und dadurch eine Weiterarbeit des 
Ministeriums mit ihm unmöglich macht. Dagegen ist in der 
französischen Verfassung, nach REDSLOB der Verkörperung der 
parlamentarischen Regierung in ihrer unechten Form, „die In- 
feriorität der Exekutive der eigentümliche Charakterzug des Ver- 
fassungslebens“. Der Appell an das Volk ist praktisch unmög- 
lich, es gibt keine Auflösung in Frankreich, weil eben in der 
französischen Verfassung sich Legislative und Exekutive ‘nicht 
gleichberechtigt gegenüberstehen und dadurch die verfassungs- 
rechtlich von der Zustimmung des Senats abhängige Auflösung 
der Deputiertenkammer durch den Präsidenten praktisch unmög- 
lich wird ®°, 
Und so liegt auch in der verschiedenen Ausgestaltung des 
Auflösungsrechts des Landtags der Kernpunkt des Unterschiedes 
zwischen der württembergischen und der badischen Verfassung. 
Beide Verfassungen haben ja die Volksinitiative und das Volks- 
referendum eingeführt. Bei beiden werden diese Einrichtungen 
nur tätig auf dem Gebiet der Gesetzgebung und bei der Auf- 
lösung des Landtags. In beiden Verfassungen ist es letzten 
Endes nur das Volk, das durch Referendum die Auflösung 
beschließt. Der badische Regierungsentwurf sah daneben noch 
ein Selbstauflösungsrecht des Landtags durch eigenen mit qualifi- 
zierter Mehrheit gefaßten Beschluß vor. Die Verfassungskommis- 
sion strich aber das Selbstauflösungsrecht, „da sie es nicht für 
angemessen erachtet, daß der Landtag selbst berechtigt sein soll, 
seine Auflösung zu verlangen‘ ?!. Bestehen blieb dadurch in der 
neuen Fassung des $ 46 der badischen Verfassung nur die Auf- 
lösung durch das Staatsministerium, „wenn es von 80 000 stimm- 
berechtigten Staatsbürgern verlangt wird und bei der binnen einem 
  
  
20 REDSLOB a. 8, OÖ. S. 120 fi. 
#1 Bericht der Verfassungskommission, S. 42 zu $ 46.
	        
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