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ablehnt oder in Ländern, die das Mißtrauensvotum als solches
kennen, dasselbe ausspricht und dadurch eine Weiterarbeit des
Ministeriums mit ihm unmöglich macht. Dagegen ist in der
französischen Verfassung, nach REDSLOB der Verkörperung der
parlamentarischen Regierung in ihrer unechten Form, „die In-
feriorität der Exekutive der eigentümliche Charakterzug des Ver-
fassungslebens“. Der Appell an das Volk ist praktisch unmög-
lich, es gibt keine Auflösung in Frankreich, weil eben in der
französischen Verfassung sich Legislative und Exekutive ‘nicht
gleichberechtigt gegenüberstehen und dadurch die verfassungs-
rechtlich von der Zustimmung des Senats abhängige Auflösung
der Deputiertenkammer durch den Präsidenten praktisch unmög-
lich wird ®°,
Und so liegt auch in der verschiedenen Ausgestaltung des
Auflösungsrechts des Landtags der Kernpunkt des Unterschiedes
zwischen der württembergischen und der badischen Verfassung.
Beide Verfassungen haben ja die Volksinitiative und das Volks-
referendum eingeführt. Bei beiden werden diese Einrichtungen
nur tätig auf dem Gebiet der Gesetzgebung und bei der Auf-
lösung des Landtags. In beiden Verfassungen ist es letzten
Endes nur das Volk, das durch Referendum die Auflösung
beschließt. Der badische Regierungsentwurf sah daneben noch
ein Selbstauflösungsrecht des Landtags durch eigenen mit qualifi-
zierter Mehrheit gefaßten Beschluß vor. Die Verfassungskommis-
sion strich aber das Selbstauflösungsrecht, „da sie es nicht für
angemessen erachtet, daß der Landtag selbst berechtigt sein soll,
seine Auflösung zu verlangen‘ ?!. Bestehen blieb dadurch in der
neuen Fassung des $ 46 der badischen Verfassung nur die Auf-
lösung durch das Staatsministerium, „wenn es von 80 000 stimm-
berechtigten Staatsbürgern verlangt wird und bei der binnen einem
20 REDSLOB a. 8, OÖ. S. 120 fi.
#1 Bericht der Verfassungskommission, S. 42 zu $ 46.