Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

— 45 — 
Abberufung. 
Durch $ 53 der badischen Verfassung ist dem Landtag das 
Recht eingeräumt, durch Mehrheitsbeschluß das Gesamtministerium 
oder einzelne Mitglieder desselben abzuberufen. An Stelle der 
Forderung, daß die Minister auf ein Mißtrauensvotum des Land- 
tags hin zurücktreten müssen, hat man hier dem Landtag ein 
regelrechtes Abberufungsrecht eingeräumt. Ein Unterschied ist 
hier lediglieh der äußeren Form nach vorhanden, ein Ministerium, 
das das Vertrauen des Landtags nicht mehr besitzt, wird abge- 
rufen, anstatt daß ihm ein Mißtrauensvotum erteilt wird, das es 
zum Rücktritt zwingt. Die Folge dieses Abberufungsrechtes ist, 
daß die Minister der Mehrheit des Landtags entnommen werden 
müssen, wenn sie sich im Amt halten sollen. 
Parteien und Regierungsbildung. 
Eine genaue Berücksichtigung der Parteizugehörigkeit der 
Minister im Gegensatz zur Schweiz, ergibt sich schon an und für 
sich aus der schärferen Ausprägung der Parteigegensätze. Zwi- 
schen den Parteien, die die Mehrheit im Landtag bilden, finden 
schon vor der öffentlichen Sitzung, in der die Wablhandlung vor- 
genommen wird, Besprechungen über die Verteilung der Minister- 
posten statt. Die Wahl von Staatsräten erleichtert die zahlen- 
mäßige Berücksichtigung der Parteistärken bei der Zusammen- 
setzung des Ministeriums. Das erste Ministerium, das am 2. April 
1919 nach den Vorschriften der neuen Verfassung vom Landtag 
gewählt wurde, liefert den Beweis dafür. Der Landtag setzte sich 
zusammen aus: 39 Abgeordneten des Zentrums, 36 Abgeordneten 
der Mehrheitssozialdemokratie, 25 Abgeordneten der deutschen 
Demokraten, 7 Abgeordneten der deutschnationalen: Volkspartei. 
An der Mehrheitsbildung beteiligten sich Zentrum, Mehrheits- 
sozialdemokratie und deutsche Demokraten. Das Ministerium 
bestand aus 5 Vertretern des Zentrums (3 Staatsräte), 5 Ver- 
tretern der Mehrheitssozialisten (2 Staatsräte) und 3 Vertretern
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.