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Ausgestaltete kann also für den Plan der Legung des RVG. nach
Stuttgart nicht wohl ins Feld geführt werden. Die Hauptgründe nun,
die dafür tatsächlich geltend gemacht werden, sind derart, daß sie
vor einem fachmännischen Forum vermutlich und hoffentlich niemand
ohne einiges Erröten vorbringen könnte: daß nämlich, nachdem Sachsen
das Reichsgericht und Bayern den Reichsfinanzhof bekommen hat,
nun Württemberg daran sei, auch ein höchstes Gericht zu bekommen
und daß bei einem Vergleich dessen, was die verschiedenen sich um
das RVG. bewerbenden Städte für dasselbe an Gebäuden und sonstigen
Vorteilen in Aussicht stellen, Stuttgart sich zur Zeit als der Meist-
bietende darstellt! Für die Legung des Sitzes außerhalb Berlins im
allgemeinen werden im übrigen geltend gemacht der an sich zu lobende
Vorsatz, da, wo es geht, die Zentralisation nicht zu stärken, weiter
der Gesichtspunkt, die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu sichern
und die leichtere Lösung der Personenfrage (da nach Berlin schwerer
Leute zu bekommen sind als etwa nach dem schönen Stuttgart).
Die letzteren Gründe sind nicht unbeachtlich. Aber zum Punkt
Unabhängigkeit muß doch bemerkt werden, daß hochpolitische Sachen
vor das RVG. gar nicht leicht kommen werden und im übrigen daß
dem preuß. OVG. doch nie der Vorwurf mangelnder Unabhängigkeit
gemacht worden ist. In Beziehung auf die Kostenfrage wird genau
zu prüfen sein, ob nicht die Verbindung mit dem preuß. OVG. auf
alle Fälle das billigste wäre, zur Personenfrage, daß sie doch wohl
auch für Berlin lösbar erschiene, weil es sich nämlich gar nicht um
sehr viele Richter handelt (in Aussicht genommen sind vorerst nur
3 Senate mit je 5 Mitgliedern).
Es gibt nun doch noch andere, wichtigere Gründe in der ganzen
Frage und zwar sprechen sie, wie schon angedeutet, sehr stark für
die Lösung Berlin und auf alle Fälle gegen Stuttgart. Wenn ich auf
sie im folgenden mit allem Nachdruck hinweise, so brauche ich ange-
sichts des hier schon Ausgeführten den Vorwurf wohl nicht zu be-
fürchten, daß ich mir den Standpunkt des preußischen OVG. kritiklos
zu eigen machte oder etwa von unbegrenzter Vorliebe für Berlin ein-
meindeverwaltung, vereinigt mit den Württ, Jahrb. 1922, S. 150 ff). Hier ist
Stellung genommen zu einem Urteil des VGH. vom 13. Juli 1921 und zu
einer Kritik desselben von HoFACKER (in derselben Zeitschrift 1922 S. 27 £.,
49 ff.) Letzterer sieht, aber schwerlich mit Recht, in diesem Urteil ein
Symptom für die Tendenz ungebührlicher Ausdehnung der Rechtsprechung
des VGH. auf das Gebiet der freien Verwaltung.