Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 43 (43)

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Wege einschlagen müssen. Auf diese aber weist der Friedens- 
vertrag selbst hin, indem er in $ 27 der Anlage zu den Art. 45 bis 
50 erklärt, daß die „gegenwärtige“ Staatsangehörigkeit (nationalite 
actuelle) der Bewohner des Saargebiets unberührt bleibe. Sie 
sind also der ungeheuren Mehrzahl nach Deutsche, sei es Preußen, 
sei es Bayern. Nur dann aber kann man von einem genossen- 
schaftlich verbundenen Volke sprechen, wenn wenigstens die 
überwiegende Mehrzahl seiner Glieder einem andern Volke nicht 
angehört. Denn erst dadurch wird die erforderliche Abgeschlossen- 
heit nach außen hin erreicht. Wäre das Saargebiet ein Staat, so 
hätte man die unerhörte Erscheinung zu konstatieren, daß die 
sämtlichen Einwohner eines Staates gleichzeitig Angehörige eines 
andern sind. Nun wird man allerdings darauf hinweisen können, 
daß ja zugegebenermaßen die internationale Stellung des Saargebiets 
sehr eigenartig gestaltet ist und daher eine mehrfache Staatsan- 
gehörigkeit seiner Einwohner nicht mehr aufzufallen brauchte als 
manches andere. Aber dieser Einwand hätte nur dann Bedeutung, 
wenn in der Rechtslage der Saarbewohner diejenigen positiven 
Merkmale nachgewiesen wären, aus denen auf ihre Verbindung 
zu einem genossenschaftlich organisierten Volk geschlossen werden 
könnte. Dazu wäre in erster Linie die Zugehörigkeit der ein- 
zelnen zu dieser genossenschaftlich organisierten Gesamtheit, 
also die saarländische Staatsangehörigkeit, erforderlich. 
Das Bestehen einer solehen verneint aber der Friedensvertrag 
dadurch, daß er den Bewohnern des Saargebiets ihre alte Staats- 
angehörigkeit läßt. Denn er macht es an zahlreichen Stellen er- 
kennbar, daß er eine mehrfache Staatsangehörigkeit nicht begrün- 
den will. Zwar dürfen nach Absatz 2 des zitierten $ 27 die Be- 
wohner des Saargebiets nicht gehindert werden, eine neue Staats- 
angehörigkeit zu erwerben, sofort aber heißt es weiter, daß sie in 
diesem Falle jede andere Staatsangehörigkeit verlieren. Auch da, 
wo durch die Abtretung deutscher Gebiete eine Häufung von 
Staatsangehörigkeiten vielleicht denkbar wäre, beeilt sich der Ver-
	        
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