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Auch von der Recht-, Staats-, Wirtschaftsgeschichte können
wir sagen:
Was Ihr den Geist der Zeiten heißt,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln.
Die historisch-deskriptive Darstellung in den Rechts- und
Staatswissenschaften ist demnach in ungleich höherem Maße als
etwa die Deskription in den Naturwissenschaften von der Subjek-
tivität des Beurteilers und von seinen Anschauungen über Gegen-
wartsprobleme abhängig und es gilt das zu den folgenden Gruppen
Bemerkte zum Teil auch hier. Aber die Tatsachen selbst, unter
welchen Gesichtspunkten immer sie ausgewählt werden, sind doch,
ihre richtige Ermittlung vorausgesetzt, etwas „objektiv“ Gegebenes
im Sinne des oben Vorausgeschickten. Der Einfluß der politischen
Werturteile des Darstellers auf Geschichtsdarstellung und Beschrei-
bung ist daher verhältnismäßig enger begrenzt und leichter zu
kontrollieren.
Ungleich weiter reicht der Einfluß der Subjektivität in den
drei anderen Fachgruppen, mithin in dem weitaus größten Teile
des Wissensgebietes, das man heute die „Rechts- und Staatswissen-
schaften“ nennt. Auf diese drei Fachgruppen wollen sich die
folgenden Zeilen beschränken.
Zunächst ist von der juristischen Fachgruppe, den „rechts-
dogmatisch® arbeitenden Disziplinen, zu sprechen.
Die historische Schule hat einen heftigen Kampf gegen das
Naturrecht geführt und im Gegensatz zu dessen Subjektivismus
um Objektivität gerungen, indem sie nur die geschichtlichen Tat-
sachen einschließlich des geschichtlich gegebenen Gesetzestextes
und die Logik gelten lassen will. Die Verdienste dieser Auf-
fassung um die historische und besonders die rechtshistorische
Forschung sind hier nicht zu erörtern. Sobald man jedoch fragt, was
denn der Inhalt des rechtlichen Sollens sei, was in einem konkreten
Fall der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft Recht sein soll,