Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 43 (43)

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sobald man also „dogmatisch“ forscht, kann, wie wir heute nicht 
bezweifeln,der geschichtliche Hinweis auf kausales Geschehen keine 
genügende Antwort geben. Denn daraus, daß irgend einmal, oder 
noch so oft, irgend etwas geschehen oder für Recht gehalten 
worden ist, kann nicht logisch abgeleitet werden, daß ich jetzt 
verpflichtet bin, dies oder jenes zu tun. Schon die klas- 
sischen Vertreter der historischen Schule haben daher in der 
Theorie vom „Volksgeist“ einen besonderen Grund der Verbind- 
lichkeit des Rechts einzuführen getrachtet. Allmählich ist dann die 
historische Beantwortung juristischer Fragen immer mehr verdrängt 
worden. Der spätere und gegenwärtige Positivismus hat an Stelle des 
„Volksgeistes* als Grund der Verhindliehkeit des Rechtes den 
„Gesetzgeber“, oder, was in diesem Zusammenhang nur einen 
terminologischen Unterschied bedeutet, den „Staat“ gesetzt. Man 
geriet immer mehr aus einer historisch-dynamischen in eine lo- 
gisch-statische Konstruktion dessen, was man als den verbind- 
lichen Rechtsinhalt darstellte. Der moderne juristische „Positivist“ 
räumt historischen Tatsachen außerhalb des als gegeben vorausge- 
setzten „positiven“ Gesetzestextes nur mehr in geringem Umfang 
in der Gestalt des Gewohnheitsrechtes unmittelbar rechtserzeugende 
Kraft ein und auch diese Kraft leitet er, wenn er wirklich konsequenter 
Positivist sein will, irgendwie von dem „Willen des Gesetzgebers* 
her. Wir dürfen daher wohl, ohne im folgenden mißverstanden 
zu werden, sagen, der heutige juristische Positivismus läßt nur 
das „positive“ Gesetz und die Logik gelten. Auf diese Selbst- 
beschränkung stützt’er seine „wissenschaftliche Objektivität“ gegen- 
über Rückfällen ins Naturrecht, gegenüber Spekulationen de lege 
ferenda und gegenüber der Freirechtsschule und der „soziologischen“ 
Rechtswissenschaft. 
Ist es nun richtig, daß die Beschränkung auf Gesetz und Lo- 
gik zu „objektiven“ Erkenntnissen, zu „allgemeingültigen* Erkennt- 
nissen in dem oben dargelegten Sinne führt? Mit anderen Worten: 
ziehen alle Menschen mit normalen geistigen Fähigkeiten aus dem
	        
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