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„Wille“ reale psychische Vorgänge eines zu den Einzelindividuen
hinzutretenden Gesamtindividuums. Eintweder waren diese Worte
Kollektivbezeichnungen für eine Summe von individuellen psychi-
schen Vorgängen : dann konnten sie nichts erklären. Denn, wie
schon einmal bemerkt, daraus, daß irgend einmal, oder noch so
oft, irgend etwas geschehen ist oder für Recht gehalten worden
ist, kann nicht logisch abgeleitet werden, daß ich jetztverpflichtet
bin, dies oder jenes zu tun. Derartige Versuche, Rechtspflichten
kausal, historisch oder psychologisch, zu begründen, können daher
hier als methodisch unzureichend gänzlich außer Betracht bleiben.
Oder aber, man verstand und versteht unter „Geist“ oder „Wille“
des Volkes, des Gesetzgebers, des Staates usw., unter „Emanation“,
unter „Zurechnung“ und dgl. eben jenes Problem, jenes unbe-
kannte X, welches die Zusammenfassung zur Einheit begründet, und
welches ich den Verknüpfungsgrund der synthetischen Urteile zu
nennen versucht habe. Dann hat man, auf dem Boden der herr-
schenden Anschauungen unserer positivistischen Jurisprudenz, mit dem
Wort „Gesetzgeber“, „Staat“, „Kirche“, „ Völkerrechtsgemeinschaft“
nur eine Bezeichnung, einen Namen für jenes X gefunden, aber keine
Lösung, kein Verfahren, welches die Auffindung einer eindeutigen,
evidenten, „objektiven“ Beantwortung jeder Frage des positiven
Rechtes gewährleistet.
Die Unmöglichkeit, eindeutige evidente Lösungen zu finden,
kann aus der Erfahrung ganz unanfechtbar festgestellt werden und
in diesem einen Punkte ist die Kritik der Freirechtler, mag sie
sonst zum Teil noch so weit über das Ziel schießen, offenbar be-
gründet: täglich sehen wir, wie verschiedene Instanzen oder Be-
hörden unter Einsetzung all ihrer Autorität und oft mit eingehender
logisch korrekter Begründung denselben Fall verschieden beurteilen,
täglich sehen wir, wie selbst unter den ersten Theoretikern der
Satz gilt: quot capita tot sententiae.e Wenn dies nicht in einer
fehlerhaften Problemstellung der Wissenschaft, sondern in Unvoll-
kommenheiten der jeweils entscheidenden oder theoretisierenden