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Von dieser Befugnis haben die Kammern jedoch nur einen be-
schränkten Gebrauch gemacht. Ob die Ausschüsse irgendwelche be-
hördlichen Rechte ausüben durften (z. B. Zeugen vorladen, Akten
einfordern) war in Preußen durchaus bestritten. In ähnlicher Weise
bestimmte die Verfassung von Waldeck vom 7. August 1852 im 8 64,
daß der Landtag befugt ist, . ...... zur Aufklärung von Tatsachen
und zur Vorbereitung seiner Beratungsgegenstände Ausschüsse einzu-
setzen. In dem bayerischen (feschäftsgangsgesetz vom 19. Januar 1872
ist nach Artikel 33 der Kammer und den Ausschüssen das Recht
beigelegt, für den Umfang ihres Wirkungskreises diejenigen Erläute-
rungen und Aufschlüsse, die sie für erforderlich erachten, von den
Staatsministerien zu verlangen ; Art. 23 spricht von Berichten, die ein
Ausschuß. .... über Beschwerden abzugeben hat; eigentliche Unter-
suchungsausschüsse sind — jedenfalls ausdrücklich — nicht vorge-
sehen. Auch in der Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April
1871 ist von Untersuchungsausschüssen nicht die Rede. Anträge, dem
Reichstag das Recht zur Einsetzung solcher Ausschüsse ausdrücklich
beizulegen, wurden zu einem Teil abgelehnt und kamen zum anderen
Teile nicht zur Verabschiedung.
Die Frage, ob das Enqueterecht den Volksvertretungen durch ein
gewöhnliches, nicht verfassungsänderndes Gesetz verliehen werden
könne, ist bei den verfassungsrechtlichen Streitigkeiten nirgends ge-
streift. Nur in den Reichstagsverhandlungen über die soeben erwähnten
Anträge wurde von einzelnen Abgeordneten erwähnt, eines Gesetzes
bedürfe es nicht; das Recht zur Bestellung solcher Ausschüsse stehe
Jeder Volksvertretung als natürliches Recht zu.
Die deutsche Staatsrechtslehre stand hinsichtlich des Enquete-
rechts auf folgendem Standpunkt. Das Kontrollrecht der Volksver-
tretungen über die Maßnahmen der Regierungen war grundsätzlich
überall anerkannt. Ueber den Umfang herrschte allerdings Streit.
Während Scauuze, Deutsches Staatsrecht I, S. 479, und MEvYER-An-
scHürz, Lehrbuch des Staatsrechts $ 96, S. 331 aussprachen, daß den
Landtagen ein das ganze Gebiet der Verwaltung umfassendes Recht
der Kontrolle zustehe, wollte Auscuütz in KoHLERs Enzyklopädie,
Bd. IV, S. 144, das Kontrollrecht nur in der Form eines Inter-
pellations- und Informationsrechts anerkennen. Was speziell das
Deutsche Reich angeht, so sprach Serper, Kommentar, Art. 23 III
dem Reichstag das Recht der Untersuchung von Tatsachen ab, hielt
es aber für zulässig, daß der Reichstag Auskunftspersonen mündlich