Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 43 (43)

II. 
Literatur. 
  
Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs 
2. unveränderte Auflage, 1921, Georg Stilke, Berlin, 289 S. 
Julius Hatschek, Deutsches und Preußisches Staatsrecht, 
Band 1, 1922, Georg Stilke, Berlin, 737 S. 
Nach dem Vorwort von AnScHÜTZ soll sein 1921 in erster Auflage 
erschienener Kommentar „nicht nur ein gelegentlicher Ratgeber in Zweifel- 
fällen, sondern auch . ein Lehrbuch sein für solche, die sich 
über das Ganze unseres neuen Staatsrechts zu unterrichten wünschen, 
anders: es möchte nicht sowohl nachgeschlagen als gelesen werden“. 
Und diese Lektüre ist bei dem meisterhaften Stile des Verfassers ein 
reiner Genuß. Vorausgeschickt ist eine Einleitung, die auf 12 Seiten einen 
klaren Ueberblick über die Entstehung unserer Verfassung gibt. Gleich 
am Anfang nimmt AnscHaUTz dabei zu dem wichtigen Problem der 
Kontinuität oder Diskontinuität des alten und neuen Reiches Stellung, 
In ein paar Sätzen, die mir unwiderleglich erscheinen, entscheidet er sich 
für das Fortbestehen des Reichs. „Die Verfassung hat gewechselt, der 
Staat ist geblieben.* Zu den von AnSCHÜTZz behandelten Gegnern dieser 
Ansicht (GIESE und STIER-SOMLO) ist nun neuerdings auch WITTMAYER! 
getreten. Er will in der Uebernahme des alten Rechts nur einen „Rezep- 
tionsakt größten Stiles“ (S. 9) sehen uud erklärt die alte und die neue 
Reichsverfassung für „augenfällig inkommensurabel‘ (S. 16), da er im alten 
Reiche überhaupt keinen Staat, sondern nur „einen besonders innigen 
Staatenbund“ (S. 12) sieht. Mich haben seine Ausführungen nicht über- 
zeugt. Die Entwicklung scheint mir durchaus für AnSCHÜTZ und gegen 
WITTMAYER zu sprechen. 
Dieser prinzipielle Gegensatz der Auffassungen liegt dann auch 
der verschiedenen Lösung anderer Fragen durch beide Autoren zugrunde. 
ANSCHÜTZ (8. 29) sieht z. B. in den Ländern noch Staaten, die ihre Staats- 
3 Die Weimarer Reichsverfassung, J. C. B. Mohr, 1922.
	        
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