— 241 —
muß, Republik diejenige Staatsform, bei der das Volk und nur das Volk
in den wichtigsten Staatsfragen die Entscheidung hat“, so scheinen mir
diese Definitionen keinen Fortschritt gegen früher zu bedeuten. Denn sie
erklären gerade die Zwischenformen, wie die der parlamentarischen Monarchie
nicht. Auch in ihr hat bei der rein formellen Beteiligung des Monarchen
an der Staatsgewalt das Volk und nur das Volk bzw. die Volksvertretung
in den wichtigsten Staatsfragen die alleinige Entscheidung. Wenn da-
gegen BERNATZIK in seiner Schrift „Republik und Monarchie“ (S. 33) sagt:
„Ein Staat, dessen oberstes Organ ein eigenes Recht auf seine Organ-
stellung hat, ist eine Monarchie, wo dagegen der Inhaber des höchsten
Amtes nur Beauftragter, Diener des Staates ist, ohne daß er ein Recht auf
‚seine Stellung hat, da ist die Verfassung eine Republik“, so scheint mir
das das Wesen des Gegensatzes zwischen beiden Staatsformen sehr viel
besser zu treffen. Denn in dieser in allen Formen der Monarchie vor-
handenen spezifischen Stellung des Monarchen, in dem Prinzip der Un-
gleichheit, das für seine Stellung gegenüber der aller andern Staatsorgane
gilt, scheint mir mit BERNATZIK der eigentliche Unterschied zu liegen-
Und so bietet das Buch noch eine Fülle von Anregungen und Pro-
blemen. Da der Verfasser mit dem ganzen Rüstzeug der modernen Staats-
rechtswissenschaft arbeitet, wird es für alle, die sich in dıe Probleme
unserer Wissenschaft vertiefen wollen, unentbehrlich sein. Hoffentlich
beschert uns der Verfasser bald auch den zweiten Band.
Koellreutter.
Ernst Gagliardi, (Prof. an der Universität Zürich, Geschichte der
Schweiz von den Anfängen bis auf die Gegenwart.
2. Bd. Seit der Reformation (1519). Zürich 1920. 444 S. Preis
20 Franken.
Dem ersten Band, der kürzlich (Bd. 43, S. 137 ff.) hier besprochen wurde,
ist rasch der zweite gefolgt, der bei ebenso glänzender Darstellung wiederum
außerordentlich viel vom Standpunkt der Staatslehre aus Interessierendes
enthält,
Der Verfasser macht innerhalb der neuzeitlichen Geschichte der Schweiz
den Hauptabschnitt mit dem Jahre 1798 und behandelt nun in einem dritten
Buch des Gesamtwerkes zunächst die Periode 1519—1798. Hier gilt je ein
Kapitel der Zeit 1519—1530 (Glaubensspaltung — Zwingli wird dabei nament-
lich auch als Staatsmann geschildert), und der Zeit von da bis zum West-
fälischen Frieden: der Gegenreformation, der Angliederung der Westschweiz
des 30jährigen Krieges; die Schilderung von Calvins Theokratie, der Festi-
gung der Neutralitätsidee im 30jährigen Krieg, der Erlangung voller Unab-
hängigkeit im Westfälischen Frieden, beanspruchen hier unsere besondere
Aufmerksamkeit. Die Periode von 1653—1798, die der Verfasser in einem
Archiv des öffentlichen Rechts. XLIII. 2. 16