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Dazu kommt aber noch ein Punkt von ganz besonderer Trag-
weite: die Erteilung der Schutzgewalt an die
Regierungskommission hat nicht den Sinn, daß
sie dem Deutschen Reich genommen würde,
Vielmehr besteht die Schutzgewalt des letz-
teren ungeschmälert fort.
Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.
Nach Art. 49 des Vertrags verzichtet Deutschland zugunsten
des Völkerbundes auf die Regierung des Saargebietes.. Die An-
lage hat nach ihrem einleitenden Passus nur die Aufgabe, das
Genauere innerhalb dieses Rahmens zu bestimmen. Sie bezieht
sich ausdrücklich auf die voraufgehenden Art. 45—50. Nun han-
delt es sich aber bei dem Schutze der Saarbewohner nicht um
die Regierung des Saargebietes, sondern um Akte, die außerhalb
dieses Bereiches vorzunehmen sind und sich als Ausfluß der fort-
bestehenden deutschen Staatsangehörigkeit darstellen. Der von
der Schutzgewalt redende 8 21 der Anlage kann also gar nicht
die Bedeutung haben, daß er dem Deutschen Reich ein außerhalb
der Art. 45—50 liegendes Recht entzöge.
Aber auch wenn man den $ 21 isoliert, d.h. ohne Bezug-
nahme auf diese Artikel betrachtet, läßt sich aus ihm keine Be-
seitigung der deutschen Schutzgewalt ableiten. Dieses negative
Moment kommt mit völliger Klarheit in dem englischen Text
zum Ausdruck: „It will be the duty of the Governing Com-
mission to ensure.... the protection.“ Es wird also der Kommis-
sion die Pflicht zum Schutz auferlegt, aber kein Wort dar-
über gesagt, daß damit das deutsche Schutzrecht aufgehoben wäre.
Setzt man die Bestimmung in Beziehung zu Deutschland, so kann
sie allerhöchstens bedeuten, daß es von der Schutzpflicht ent-
bunden wird. In diesem Sinn versteht auch EDMUNDS die Stelle:
Deutschland brauche sich nicht weiter um den Schutz der Saar-
bewohner zu bemühen °®.
2° Germany may not exert herself anywhere in their behalf (a.a. OÖ. p. 18).