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des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 sıeht* (8. 65). Wie aber kann ein
wohlerworbenes Recht stärker verletzt werden, als dadurch, daß
man es dem Berechtigten nimmt, es aufhebt? Und wie will man
eine Ausnahme vom Prinzip des Art. 129 Abs. 1 Satz 3 be-
haupten angesichts des Wortlautes der RVerf.? Daß Art. 104
eine solche zuungunsten der Richter nicht wollen kann, wenn
sie nicht für die anderen Beamten gilt, steht fest. Und für diese
ist sie nach Fassung und Entstehung des Art. 129 sicherlich
nicht gewollt. Sonst würde bei dem ganz allgemeinen Wortlaut
der Bestimmung vom Schutz wohlerworbener Rechte überhaupt
nicht gesprochen werden können, — zumal das Reichsgericht das
Recht auf das Diensteinkommen das Schicksal des Rechtes am
Amte teilen läßt. Die Deduktion des Reichsgerichts krankt an
irriger Prämisse. Gewiß, die RVerf. läßt die sofortige Anwen-
dung neuen AGrGes. auf bereits Angestellte zu. Aber sie tritt
dadurch nicht mit dem Prinzip des Satzes 3 Abs. 1 Art. 129 ın
Widerspruch. Es gibt für sie kein wohlerworbenes Recht am
Amt (auf Belassung im Amt); es gibt ein solches nach vor-
herrschender und wohl begründeter, der RVerf. zugrunde liegender
Ansicht überhaupt nicht.
Die Materie der wohlerworbenen Rechte hier erschöpfend zu
erörtern, muß ich mir versagen; nur soweit es für die Entschei-
dung der vorliegenden Fragen erforderlich erscheint, kann auf sie
eingegangen werden. Man ist in unserer Zeit gegenüber dem
Begriff der wohlerworbenen Rechte (jura quaesita) immer skepti-
scher geworden, hat seine selbständige Bedeutung angezweifelt,
ihn allgemach soweit verflacht, daß er mit dem subjektiven Recht
zusammenfällt. Man ist bis zum vitiösen Zirkel gelangt: wohl-
erworbene Rechte sind solche, die der Gesetzgeber schützen soll
und schützen soll er die Rechte, die wohl erworben sind. Darüber
gibt in Kürze Auskunft TRIEPEL a. a. OÖ. S. 358 f. Aber wenn
es auch wahr ist, daß wohlerworbene Rechte subjektive Rechte
sind, daß sie nicht nur aus eigener Erwerbstätigkeit sondern