Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 43 (43)

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Es handelt sich um ein Problem, das für die gesamte Rechts- 
pflege bei den Justiz- wie bei den Verwaltungsgerichten von hoher 
Wichtigkeit ist, ja das darüber hinaus eine allgemeine verfassungs- 
politische Bedeutung erlangen kann. Aus diesem Grunde haben 
es einige Verfassungsurkunden ausdrücklich gelöst. So insbeson- 
dere auch die der beiden uns benachbarten demokratischen Repu- 
bliken: der Schweiz (art. 113) und Oesterreichs. Sie haben beide 
dem Richter und damit dem Bürger verwehrt, einem formgerecht 
kundgemachten Gesetze wegen angeblichen Widerspruchs mit der 
Verfassungsurkunde die Gültigkeit zu bestreiten. 
„Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze“, 
heißt es ın 8 89 der österr. Bundesverfassung vom 1. Oktober 
1920, „steht den Gerichten nıcht zu.* 
Umgekehrt war in dem deutschen Verfassungsentwurf des 
Vereins „Recht und Wirtschaft“ die ausdrückliche Bejahung des 
richterlichen Prüfungsrechts vorgesehen (art. 147). 
Bei der Beratung der deutschen Reichsverfassung ist im 
Verfassungsausschuß bei der 2. Lesung im Juni 1919 der Abg. 
Dr. ABLASS mit einem höchst beachtenswerten Vorschlag hervor- 
getreten! 
Er wollte dem jetzigen art. 108 (damals 114), in dem es 
heißt, es werde ein Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich 
errichtet, einen zweiten Absatz beifügen, der aussprechen sollte, 
daß die Verfassungsmäßigkeit der Reichsgesetze und sogar der 
Verordnungen dem richterlichen Prüfungsrecht entzogen sei; daß 
aber, wenn 100 Mitglieder des Reichstags es beantragen, der 
Staatsgerichtshof dazu berufen sei, die Verfassungs- 
mäßigkeit der Gesetze und Verordnungen zu prüfen und darüber 
allgemeinverbindlich zu entscheiden. 
Der Antrag ist unter den Tisch gefallen, aber er hat be- 
kanntlich Anlaß gegeben zu einer: interessanten Debatte. 
Der auf LABAND gestützten und (mit einem gewissen Mi&- 
verständnis) gegen GNEIST gewendeten Ansicht des Antragstellers
	        
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