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von der Unzulässigkeit der Prüfung sekundierte KAHL und diesem
wieder SINZHEIMER. Demgegenüber nahm der Reichsminister
Prof. PREUSS die Partei des richterlichen Prüfungsreehts und
fand Unterstützung bei politisch so entgegengesetzten Geistern wie
einerseits DÜRINGER, anderseits den Sozialisten COHN und KATZEN-
STEIN. Vielleicht haben vorrevolutionäre, das Objekt ihrer Gegner-
schaft überlebende Ressentiments bei einem Teil der Redner eine
gewisse Rolle gespielt.
Man ließ schließlich die Frage absichtlich unentschieden. So
konnte der Streit in der Literatur des neuen Staatsrechts unge-
hindert weitergehen und ist denn auch weitergegangen — nur
daß allmählich sich die Stimmen mehren, die Zeugnis ablegen
für das richterliche Prüfungsrecht. Ich nenne nur TRIEPBL,
POETZSCH, HUBRICH und O. BÜHLER, ferner 2 Urteile des Reichs-
finanzhofs, auf die mich Herr Kollege BÜHLER hingewiesen hat”,
und neuestens die gewichtige Stimme des Oberreichsanwalts EBER-
MAYER. Vor dem Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik
hat er, am 3. X. 22, wenn die Zeitungen richtig berichten, erklärt:
ist, nicht schon in der 1. und 2. sog. Lesung; sowie darüber, daß für solche
Abstimmungen nicht, wie man es meistens ungenau ausdrückt, ein erhöhtes
„Quorum“ vorgeschrieben ist, daß vielmehr ein Haus, das sonst beschluß-
fähig ist (also das echte Quorum = !/: erfüllt), eine Verfassungsänderung
endgültig und beschlußfähig abgelehnt hat, wenn weniger als ?/s der gesetz-
lichen Mitglieder (in Baden und Hamburg = °/) mitgewirkt haben, vgl. jetzt
den lehrreichen Aufsatz von Amtsgerichtsrat und Hochschuldozent Dr.
O. LoEnInG in Danzig „Parlamentarische Rechtsfragen bei Verfassungs-
änderungen“, in der Hanseatischen Rechtszeitschrift V Nr. 21, 8. 843.
? 'TRIEPET, Archiv d. ö.R. 39 S. 534 fi. — PoOrTzscH, Komm. z. RVerf.
n. 2 zu art. 70. — HuprıcH, Das demokrat. Verf.R. 1921 S. 150 ff. —
BÜHLER, D.J.Z. 1921 Sp. 580 ff. — Sammlung der Entscheidungen des
Reichsfinanzhofes Bd. 5, S. 333 u. Bd. 7 8S. 97 #., Urteile aus d. J. 1921,
die doch nicht vollen Ernst machen, insofern sie sich zwar auf eine gewisse
Prüfung der aufgeworfenen Fragen (Befugnis der Nationalversammlung zur
Gesetzgebung außerhalb der Verfassungsgebung; Verfassungsmäßigkeit des
GoldzollgesetzeS trotz art. 151) einlassen, die Gültigkeit der angefochtenen
Gesetze aber bejahen.