Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 43 (43)

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Er anerkenne, daß das Gericht berechtigt sei. die Verfassungs- 
mäßigkeit von Reichsgesetzen nachzuprüfen. 
Von der andern Seite lehnt ANSCHÜTZ in seinem Kommentar 
zur neuen Reichsverfassung (n. 2 zu art. 70) dieses Prüfungs- 
recht auf das entschiedenste ab und FR. SCHACK, dem wir so 
sorgfältige Untersuchungen über das richterliche Prüfungsrecht 
verdanken, ist der Meinung (Arch. d. ö. R. 41, S. 167), daß es 
bei schweigender Verfassung zu verneinen sei. Ebenso ARNDT, 
WITTMAYER und sehr energisch WALTER JELLINEK’. 
II. Eine derartige Meinungsverschiedenheit zwischen Autori- 
täten deutet methodologisch in aller Regel darauf hin, daß keine 
der gegensätzlichen Meinungen logisch beweisbar ist und die 
Lösung des Problems mit Methoden erstrebt werden muß, die aus 
dem Bereiche logisch-juristischer Beweisbarkeit hinausführen. 
Dies entspricht allerdings den bisherigen Anschauungen nicht. 
In der Diskussion über das richterliche Prüfungsrecht ist viel- 
mehr von jeher von beiden Seiten versucht worden, die eigene 
Ansicht als logische Schlußfolgerung aus unwiderleglichen Prä- 
missen hinzustellen. Derartiges findet sich besonders — unter 
der Führung LABANDs — bei den Gegnern des richterlichen 
Prüfungsrechts. Sie arbeiten meist mit zwei Argumentationen! 
Die eine argumentiert mit der Wirkung der „Ausfertigung“, 
von der man zuerst lehrt, sie schaffe in jeder Beziehung unwider- 
leglichen Beweis der Legalität des Zustandekommens des Gesetzes, 
um daraus dann mit sieghafter Eleganz zu beweisen: also könne 
auch der Richter die Verfassungsmäßigkeit nicht mehr in Zweifel 
ziehen. Das ist unzulässige Begriffsjurisprudenz. Es ist, wie 
TRIEPEL kürzlich dagegen bemerkt hat, offene petitio principii. 
Die andere Argumentation will einen Unterschied machen 
zwischen Staaten mit besonderem pouvoir constituant und solchen, 
in denen die Verfassungsgesetzgebung der gewöhnlichen Legis- 
  
  
3 ARNDT, „Recht“ 1920 S. 106. — WITTMAYER, Die Weimarer RVerf. 
1922, S. 472. W. JELLINEK, D. J. 2. 1921 Sp. 753.
	        
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