Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 43 (43)

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getauchten Befürchtungen mit allem Nachdruck zu betonen, daß die 
Auffassung durchaus irrig ist, in dem Gesetz werde die systematische 
Beseitigung der bayerischen Hoheitsrechte eingeleitet. Die aus der 
schwersten Not der Gegenwart geborenen und nur für einen gemessenen 
Zeitraum geltenden Bestimmungen sind Lebensnotwendigkeiten unseres 
bedrohten staätlichen Daseins; sie sollen und können aber in ihrem 
Vollzug in keiner Weise den staatlichen Charakter 
der einzelnen Länder beeinträchtigen, der, in der Reichs- 
verfassung fest begründet, gerade die Stärke des Reiches darstellt 
und dessen Wahrung während der Dauer meiner Amtsführung ich mir 
zur besonderen Aufgabe gemacht habe. 
Zur beschleunigten Klärung der innen- und außenpolitisch gleicher- 
maßen gefährdeten Lage und angesichts der mir aus der Reichsver- 
fassung obliegenden Verpflichtnng darf ich mir die Bitte erlauben, mir 
in tunlichster Bälde Ihre Antwort zugehen zu lassen. 
Mit dem Ausdruck meiner aufrichtigen Hochschätzung 
Ihr ergebener 
gez. Ebert.“ 
Das vom 2. August datierte Antwortschreiben des bayerischen 
Ministerpräsidenten lautete: 
„Hochverehrter Herr Reichspräsident! 
Euer Hochwohlgeboren gefälliges Schreiben vom 27. Juli 1922 
regt eine Verständigung über die schnelle Beilegung des Streitfalles 
zwischen dem Reiche und Bayern aus Anlaß der gesetzgeberischen 
Maßnahmen zum Schutze der republikanischen Staatsverfassung an. 
Zum Wohle unseres deutschen Volkes und Landes wünschen Sie die 
Aufhebung der bayerischen Verordnung vom 24. Juli 1922 auf Grund 
des Art. 48 Abs. 4 Satz 2 der Reichsverfassung vermieden zu sehen. 
Für diese aus staatsmännischen Erwägungen entspringende Auf- 
fassung weiß Ihnen die Bayerische Regierung aufrichtiren Dank; denn 
auch sie erblickt inder Ausschaltung des Zwanges die einzige 
Möglichkeit, den Streitfall ohne Schaden für das deutsche Vaterland 
zu schlichten. 
Wenn das Schreiben vom 27. Juli 1922 den Standpunkt vertritt, 
daß die bayerische Verordnung der verfassungsmäßigen Grundlage 
entbehre, so vermag ich dem nicht beizupflichten. Ich 
muß mir an dieser Stelle verfassungsrechtliche Ausführungen versagen, 
um so mehr, als eine bloß formalrechtliche Entscheidung keine Lösung 
einer Frage bringen könnte, deren wesentliche Bedeutung auf politischem 
Gebiete liegt.
	        
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