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Die Verordnung ist eine Abwehrmaßnahme, zu der die
Bayerische Regierung als die verantwortliche Hüterin der verfassungs-
mäßigen Ordnung innerhalb ihres Gebietes durch die klare Erkenntnis
eines staatlichen Notstandes gezwungen worden ist.
In der Tat sind trotz ihrer Vorstellungen und Warnungen wichtige
bundesstaatliche Hoheitsrechte durch die neuen Gesetze beeinträchtigt
worden. Diese Notlage ergibt sich aber auch aus der tiefgehenden
Erregung weitester, von treuer deutscher Gesinnung erfüllter Kreise
des bayerischen Volkes über den Vollzug dieser Gesetze, einer Erregung,
die fortgesetzt in zahlreichen Kundgebungen von Angehörigen aller
Schichten und aus allen bayerischen (ebieten in Süd und Nord wie
aus der Pfalz Ausdruck findet. Sollte die Verordnung, sei es schlecht-,
hin beseitigt, sei es durch eine unbefriedigende, den Keim neuer Ver-
wicklungen bergende Regelung ersetzt werden, so würde in ganz
Bayern ein Zustand der Beunruhigung eintreten, für den
die Bayerische Regierung auch vom Standpunkte des Reichswohles die
Verantwortung nicht übernehmen könnte,
Vielmehr erfordert es der Ernst dieser Lage vom Standpunkte der
politischen Betrachtung, daß eine Rechtslage geschaffen wird, die
auch unseren Staatsnotwendigkeiten entspricht. Hierzu die Hand zu
bieten, ist die Bayerische Regierung jederzeit bereit. Sie hat den
dringenden Wunsch, über die Beilegung des jetzigen Falles hinaus die
Wurzel künftiger Konflikte zu beseitigen und damit den Bezieh-
ungen zwischen Reich und Ländern dauernd zu dienen.
Die Stimmung des bayerischen Volkes wird hauptsächlich von der
Besorgnis geleitet, die Weimarer Verfassung könnte so ausgelegt werden,
als ermögliche sie die schrittweise Beseitigung der Ho-
heitsrechte, ja der Staatlichkeit der Länder. Sie haben, sehr
verehrter Herr Reichspräsident, sowohl bei Ihrem letzten Aufenthalt
in München, wie auch in Ihrem Schreiben den Entschluß, die Staat-
lichkeit der Länder zu schützen, klar ausgesprochen. Das bayerische
Volk erkennt dies mit Befriedigung an und vertraut, daß sich mit
Ihrer tatkräftigen Hilfe ein Weg finden möge, um eine entsprechende
Sicherheit für die Zukunft zu erhalten, und zwar durch Vor-
schriften, die eine dauernde Bürgschaft dafür böten, daß Hoheitsrechte
der Länder nicht ohne deren Zustimmung beseitigt oder eingeschränkt
werden könnten.
Zum Schlusse darf ich der Ueberzeugung Ausdruck verleihen, daß
zerade die Not der Gegenwart und des staatlichen Lebens gebieterisch