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dazu führen sollten, das ganze deutsche Volk in seinen einzelstastlichen
Gruppen und aus eigener Gesinnung heraus zu freudiger Mitarbeit an
den Aufgaben des Staates heranzuziehen. Regierung und Volk in
Bayern sind auch ihrerseits ernstlich gewillt, das Deutsche Reich vor
Erschütterungen zu bewahren, die zu vermeiden gerade in dieser Zeit
außenpolitischer Spannung gemeinsame Pflicht ist.
Mit der Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochschätzung
bin ich
Ihr sehr ergebener
gez. Hugo Graf Lerchenfeld.“
Die auf diese Weise vorbereiteten Verhandlungen wurden sodann
durch den Reichspräsidenten eingeleitet, indem er den bayerischen
Ministerpräsidenten zuerst durch den bayerischen Gesandten in Berlin
mündlich und hierauf telegraphisch zu einer Besprechung nach Berlin
einlud. Der Ministerpräsident begab sich mit den Ministern Dr. Schweyer
und Gürtner zu diesem Behufe am 8. August nach Berlin.
Die sofort eingeleiteten Verhandlungen wurden zunächst in Einzel-
beratungen und zwar „im Geiste der Einigungsbereitschaft* geführt.
Daran schloß sich eine Gesamtberatung in der Reichskanzlei, die schon
am 11. August zu einem protokollierten vorläufigen Abschluß führten.
Die zwischen der Reichsregierung und der bayerischen Staats-
regierung am 9. und 10. August 1922 erfolgten Besprechungen hatten
im einzelnen folgendes Ergebnis:
Die Reichsregierung erklärte
„A. Zum Schutzgesetz:
I. Für die Abgabe von Untersuchungen an den örtlichen Staats-
anwaltschaften und für die Stellung von Anträgen auf Verweisung
zum ordentlichen Verfahren ($ 13 Abs. 3 des Gesetzes zum Schutze
der Republik) wird der Gesichtspunkt maßgebend sein, daß zur Ver-
handlung vor dem Staatsgerichtshof nur solche Sachen geeignet sind,
deren Bedeutung so erheblich ist, daß ihre Entscheidung durch einen
höchsten Gerichtshof des Reichs angemessen erscheint. Die Ueber-
weisung der Sachen an die örtlichen Behörden wird deshalb die Regel
bilden. Insbesondere werden Sachen, deren Interesse sich auf ein
einzelnes Land oder auf engere örtliche Kreige beschränkt, den Laandes-
behörden überwiesen werden.
II. Bei der Inanspruchnahme polizeilicher Tätigkeit in einem
Lande wird sich der Oberreichsanwalt der polizeilichen Behörden dieses