— 30 —
vertretung — für die Wahrung unserer Standesinteressen sorgen andere
Organisationen — noch ein politischer Verein sein will. Ihr Grund-
charakter ist der eines akademisch-wissenschaftlichen Verbandes. Gewiß
lassen sich, wie wir Heutigen mit wenigen Ausnahmen glauben, Staats-
recht und Politik nicht völlig voneinander trennen, lassen sich staats-
rechtliche Fragen nur selten lösen, ohne daß die letzte Entscheidung von
politischen Werturteilen bestimmt wird. Aber es ist eben das Ziel der
Wissenschaft, die Grenze aufzuzeigen, wo objektive Erkenntnisse durch
subjektive Urteile abgelöst werden; es ist ihre Pflicht, zu versuchen, diese
Grenze möglichst weit hinauszuschieben, und sie hat endlich nach allgemein-
gültigen Maßstäben zu forschen, nach denen sich die zur Entscheidung
rechtlicher Interessenkonflikte erforderlichen Abwägungen wertenden
Charakters zu vollziehen haben. Wenn es daher die Natur unseres
Arbeitsgebiets und das Programm unserer Vereinigung mit sich bringen
wird, daß diese auch zu brennenden Fragen des öffentlichen Lebens
Stellung nimmt, so muß und wird dies in wissenschaftlicher Weise und
unter Fernhaltung aller parteipolitischen Gesichtspunkte geschehen.
Daß dies möglich ist, wurde schon auf der ersten Tagung durch die
musterhaft objektive Form bewiesen, in der sich der Vortrag und die
Debatte über das Problem des richterlichen Prüfungsrechts bewegten.
Ueber die Mitgliedschaft der Vereinigung enthält der $ 2 der
Satzung genaue Bestimmungen. Um die Zahl der Mitglieder nicht
ins Uferlose wachsen zu lassen und die Vereinigung arbeitsfähig zu
erhalten, glaubte man den Kreis auf die an deutschen Universitäten
tätigen Lehrer (Professoren und Privatdozenten) beschränken und selbst
von diesen die nur auf engeren Spezialgebieten tätigen Fachgenossen,
unbeschadet hoher Wertschätzung ihrer Leistungen, ausschließen zu sollen.
Auf der andern Seite betrachtet das Statut die Universitäten Oesterreichs
und die deutsche Universität zu Prag als deutsche Universitäten; für die
Aufnahme der Staatsrechtslehrer an deutsch-schweizerischen Universitäten
bieten die Abs. 3 und 4 des $ 2 Raum.
Die Gründungsversammlung beschäftigte sich weiterhin im An-
schlusse an vortreflliche Referate von FLEIsSCHMAnn-Halle und
SArTorRIUS-Tübingen mit der Stellung des Staatsrechts in der
Unterrichts- und Prüfungsordnung. Obwohl die Debatte
naturgemäß in Einzeldingen manche Gegensätze der Auffassung hervor-
treten ließ, so herrschte doch volle Einmütigkeit in dem Wunsche,
daß dem öffentlichen Rechte im Universitätsunterrichte der ge-
bührende Raum, obschon nicht auf Kosten anderer Disziplinen, und