I.
Abhandlungen.
Die staats- und völkerrechtliche Stellung des
Saargebiets.
Von
Dr. REINHARD FRANK, Professor der Rechte in München.
Der Versailler Friedensvertrag hat die Rechtsverhältnisse
des Saargebietes in einer Weise gestaltet, die es schwer macht,
sie in die üblichen Begriffe des Staats- und Völkerrechts einzu-
ordnen. Freilich wird mancher moderne Jurist darin keinen son-
derlichen Mangel sehen, vielmehr den Versuch, die Vertragsbe-
stimmungen mit Hilfe der überkommenen Kategorien auszulegen,
von vornherein als „Begriffsjurisprudenz“ ablehnen. Berechtigt
aber wäre dieser Standpunkt nur dann, wenn jene Bestimmungen
ein in sich abgeschlossenes Bild böten und wenn es überhaupt
möglich wäre, die zahlreichen Fragen, zu denen sie Anlaß geben,
in anderer Weise zu lösen als durch den Rückgriff auf die Vor-
stellungskreise, mit denen das Staats- und das Völkerrecht her-
kömmlich arbeiten.
Zuzugeben ist, daß diese Vorstellungskreise nicht überall die-
selben sind, sondern eine gewisse nationale Färbung angenommen
haben. Möglicherweise würden also einzelne Fragen verschieden
beantwortet werden müssen, je nachdem man von der deutschen,
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