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der Erstgenannten den Wunsch eingibt, über den Rahmen des
gerade ablaufenden Gesetzgebungsverfahrens hinaus die Politik der
Volksvertretung im ganzen anzugreifen und, den Meinungsstreit
zum Anlaß nehmend, eine Ueberprüfung der gesamten Politik des
Parlaments anzuregen, der Exekutive das Recht gegeben, über
dessen Fortbestand eine Volksabstimmung anzuordnen. Dieses
Recht ist der Regierung in Württemberg, Sachsen, Hessen, Anhalt,
Lippe und Bremen gegeben“. Die Volksgesamtheit kann sodann
die Auflösung des Parlaments beschließen. Daß in Oldenburg,
wie hier im Anhang erwähnt werden soll, als einzigem deutschen
Staat die Regierung selbst das Parlament auflösen kann *° — mit
Ausnahme des in Art. 40 Abs. 6 normierten Falles — beruht wieder
auf dem Umstande, daß in diesem Lande die Exekutive der Legis-
lative koordiniert zur Seite steht.
Während in den drei vorgenannten Fällen der Anstoß zur
Volksabstimmung von der Exekutive ausgeht, ist endlich in einigen
wenigen deutschen Verfassungen der Fall vorgesehen, daß auch
vom Parlament aus über den zwischen diesem und der Regierung
ausgebrochenen Konflikt das Volk zum Schiedsrichter aufgerufen
werden kann. Die Normierung dieses dem Parlament gegebenen
Rechtes hat in den besonderen verfassungsrechtlichen Verhältnissen
dieser Länder seine Grundlagen. In Oldenburg mußte mit Not-
wendigkeit, da dem einen Mitträger der Souveränität, der Regie-
rung, die Möglichkeit, bei einem Meinungsstreite mit dem anderen
Mitträger der Staatsgewalt, dem Landtage, an das Volk zu appel-
lieren gegeben ist, dasselbe Recht auch dem Parlament-zugebilligt
werden, das erforderte der vom Gesetzgeber gewollte Kräftegleich-
stand beider Organe. Mit der Normierung dieses Rechtes wurde
aber auch einem sicher nicht weniger beim Landtage als bei der
#4 Württemberg $ 16, Abs. 2, Sachsen Art. 9, Abs. 2, Hessen Art. 24,
Abs. 1, Satz 2, Anhalt $ 11, Abs, 2, Lippe Art, 11, Abs, 2, Bremen $ 18,
Satz 3.
#5 Oldenburg 8 55, Abs. 1.