578 Achtes Buch. Reichskriegswesen.
zuläffig und unterliegt der Genehmigung des Generalcommandos, dessen Befehls—
bereich der Verurtheilte früher angehörte. Die Urlaubszeit ist als Strafzeit nicht
anzurechnen. Beurlaubte legen ihre Truppenuniform an.
Im Officiersrang Stehende verbüßen jede Gefängnißstrafe, sofern nicht auf
Dienstentlassung erkannt ist (in welchem Falle die Vollstreckung auf die bürger-
lichen Behörden übergeht), in einer Festungsgefangenenanstalt; Unterofficiere und
Gemeine verbüßen Gefängnißstrafe bis 6 Wochen in einem Garnison-, längere in
einem Festungsgefängniß.
Haft besteht in einfacher Freiheitsentziehung und wird a) von Officieren in
Festungsgefangenanstalten, b) von Unterofficieren und Gemeinen als gelinder
Arrest verbüßt.
Der einfache Stubenarrest wird in der Wohnung verbüßt. Der Ver-
urtheilte darf seine Wohnung nicht verlassen, noch Besuche, außer vom Arzte, an-
nehmen. Bei Zuwiderhandlung tritt Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten und event.
Dienstentlassung ein. Zu geschärftem Stubenarrest verurtheilte Subaltern-
officiere werden in den Arrestzimmern (ohne Bewachung und unter Belassung von
Büchern u. s. w.) eingeschlossen. Der strenge Arrest wird in Einzelhaft in
dunkler Zelle, auf harter Lagerstätte, bei Wasser und Brod verbüßt. Am vierten,
achten und demnächst an jedem dritten Tage werden die Arrestaten wie im gelinden
Arrest untergebracht, erhalten Morgen-, Mittag= und Abendkost, niemals Taback oder
geistige Getränke. Der Gouverneur kann auch sonst die Verabreichung einer
warmen Morgensuppe anordnen. Ergiebt ärztliche Untersuchung, daß der Zustand
des Verurtheilten strengen Arrest nicht zuläßt, so ist dies dem zuständigen Befehls-
haber sogleich zu melden. Einstündige Bewegung in freier Luft unter Aufsicht ist,
wenn dies nach ärztlichem Urtheil erforderlich, zu gestatten. Die Temperatur soll
+ 14% Reaumur betragen; auch können ein oder zwei wollene Decken für die Nacht
verabreicht werden. Der mittlere Arrest wird in Einzelhaft auf harter Lager-
stätte, bei Wasser und Brod verbüßt. Die Schärfungen fallen am vierten, achten,
zwölften und demnächst an jedem dritten Tage fort. Der gelinde Arrest wird
in Einzelhaft vollstreckt; nach 14 Tagen, oder wenn der Gesundheitszustand dies
erfordert, ist täglich einstündige Bewegung in freier Luft unter Aufsicht gestattet;
Bücher und Schreibmaterialien können zugestanden, Taback und geistige Getränke
müssen versagt werden.
Bei Versetzung in die zweite Klasse ist von Helm und Mütze die Cocarde
zu trennen; ebenso find die Schützenabzeichen u. s. w. abzunehmen, bei Gefreiten
außerdem die Abzeichen der Charge. Zweitklassige dürfen als Ehren= und wichtige
Posten, sowie als Patrouillen nicht verwendet werden.
Der Gouverneur bestimmt die Beschäftigung der Gefangenen. Er kann außer
den gewöhnlichen Disciplinarstrafen auch Einzelhaft von einem Monat bis zu drei
Jahren eintreten lassen.
Die Festungsstubengefangenen werden nicht eingeschlossen, dürfen sich
in der Regel bis zu fünf Stunden täglich in freier Luft, jedoch innerhalb der
Festungswerke, bewegen, auch während dieser Zeit in und außer der Anstalt Be-
suche empfangen und mit besonderer Erlaubniß des Gouverneurs u. s. w. abstatten.
Wirthschaften, Vergnügungsorte oder Gesellschaften dürfen sie nie besuchen. Die
Gefangenen in den Festungsgefangenenanstalten tragen Uniformen. Nur pensionirte
Officiere dürfen Civilkleidung tragen.
Bei den Schutztruppen werden Freiheitsstrafen bis zu einem Jahre, wenn
angängig, an Ort und Stelle, längere in der Heimath verbüßt 1.
§* 54. Versorgung der Militärpersonen.
Die Versorgung der Militärpersonen beruht theils auf Reichsgesetzen,
wie die der pensionirten Officiere, der Wittwen und Waisen oder die Bewilligung
1 Verordnung vom 26. Juli 1896 im Armeeverordnungsbl. 1896, S. 221.