56 Der Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und dem Zweibund.
gen sollte, sowie mit Sasonow alle direkt die österreichisch-
russischen Beziehungen tangierenden Fragen zu besprechen.
Schulter an Schulter mit England haben wir unaus-
gesetzt an der Vermittelungsaktion fortgearbeitet und jeden
Vorschlag in Wien unterstützt, von dem wir die Möglichkeit
einer friedlichen Lösung des Konflikts erhoffen zu können
glaubten. Wir haben noch am 30. einen englischen Vor-
schlag nach Wien weitergegeben, der als Basis der Ver-
handlungen aufstellte, Osterreich-Ungarn solle nach erfolg-
tem Einmarsch in Serbien dort seine Bedingungen dik-
tieren. Wir mußten annehmen, daß Rußland diese Basis
akzeptieren würde.
Während in der Zeit vom 29. bis 31. Juli diese unsere
Bemühungen um Vermittelung, von der englischen Diplo-
matie unterstützt, mit steigender Dringlichkeit fortgeführt
wurden, kamen immer erneute und sich häufende Meldun-
gen über russische Mobilisierungsmaßnahmen. Truppen-
ansammlungen an der ostpreußischen Grenze, die Verhäu-
gung des Kriegszustandes über sämtliche wichtigen Plätze
der russischen Westgrenze ließen keinen Zweifel mehr daran,
daß die russische Mobilisierung auch gegen uns in vollem
Gange war, während gleichzeitig unserem Vertreter in
Petersburg alle derartigen Maßregeln ernent ehrenwörtlich
abgeleugnet wurden.
Noch ehe die Wiener Antwort auf den letzten englisch-
deutschen Vermittelungsvorschlag, dessen Tendenz und
Grundlage in Petersburg bekannt gewesen sein mußte, in
Berlin eintreffen konnte, ordnete Rußland die allgemeine
Mobilmachung an.
In den gleichen Tagen fand zwischen Seiner Majestät
dem Kaiser und König und dem Zaren Nikolaus ein Tele-
grammwechsel statt, in dem Seine Majestät den Zaren auf
den drohenden Charakter der russischen Mobilmachung und
die Fortdauer seiner eigenen vermittelnden Tätigkeit auf-
merksam machte.