70 Der Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und dem Zweibund.
land, Frankreich, Italien mit Sir E. Grey in London zu—
sanimentreten sollten, um dort einen Ausweg aus den
Schwierigkeiten, die in der serbischen Frage entstanden
waren, zu suchen. Von Anfang an hat Deutschland den
Standpunkt vertreten, daß der serbisch-österreichische Kon-
flikt eine Angelegenheit sei, die nur die nächstbeteiligten
beiden Staaten berühre. Diesen Standpunkt hat auch Sir
Edward Grey später selbst anerkannt.
Deutschland mußte den englischen Konferenzvorschlag
ablehnen, weil es nicht zulassen konnte, daß Osterreich-
Ungarn in einer Frage seiner nationalen Lebensinteressen,
die nur Osterreich-Ungarn selbst anging, einem Tribunal
der Großmächte unterstellt würde. Aus dem deutschen
Weißbuch geht hervor, daß auch Osterreich = Ungarn den
Konferenzvorschlag als unannehmbar bezeichnete. Durch
seine Kriegserklärung an Serbien dokumentierte es seinen
festen Willen, die serbische Frage ohne das Dazwischen-
treten der Mächte allein zu regeln. Zugleich erklärte es
aber, um alle gerechten Ansprüche Rußlands zu befriedigen,
sein vollkommenes territoriales Desinteressement Serbien
gegenüber. Da Rußland sich nicht mit dieser Versicherung
begnügte, war aus der serbischen Frage eine europäische
geworden, die zunächst in einer Spannung zwischen Oster-
reich-Ungarn und Nußland ihren Ausdruck fand. Um zu
verhindern, daß aus dieser Spannung eine europäische Kon-
flagration sich entwickelte, mußte ein neuer Boden gesucht
werden, auf dem eine Vermittlungsaktion der Mächte sich
anbahnen konnte. Es war Deutschland, dem das Verdienst
gebührt, diesen Boden zuerst betreten zu haben.
Staatssekretär von Jagow wies in seinem Gespräch mit
dem britischen Botschafter am 27. Juli darauf hin, daß er
in dem Wunsche Rußlands, mit Osterreich-Ungarn direkt
zu verhandeln, eine Entspannung der Lage und die beste
Aussicht auf eine friedliche Lösung erblickte. Diesen Wunsch,
durch den die englische Konferenzidee auch nach