Vorbericht zur ersten Auflage.
Das Projekt eines auf katholischen Grundsätzen beruhenden Staatslexikons hat
die Görres-Gesellschaft von ihrer Grundung an begleitet. Ein der Generalversammlung
von 1878 vorgelegtes kurzes Programm faßt die leitenden Gesichtspunkte folgendermaßen
zusammen: „Das Hauptgewicht wird auf die Erörterung der fundamentalen Begriffe
von Religion und Moral, Recht und Gesetz, natürlichem und positivem Recht, von
Staat und Kirche, Familie und Eigentum zu legen sein. Das Recht ist auf seinen
ewigen Urgrund, den Schöpfer selbst, zurückzuführen, das Naturrecht als Grundlage
und Norm der positiven Rechtsbildung zur Anerkennung zu bringen; es sind die sittlich-
rechtlichen Momente zu betonen, welche die Verbindlichkeit menschlicher Gesetze für das
Gewissen der Individuen bedingen. Staat und Gesellschaft sind als die von Gott
gewollte Ordnung mit dem Zweck des Menschen und der Menschheit in Verbindung zu
bringen; die Familie ist als die Grund= und Unterlage aller staatlichen und gesell-
schaftlichen Organisation und Entwicklung zu verteidigen. Eine besondere Aufmerksamkeit
wird der Behandlung der volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Fragen zuzuwenden
sein. Dem verderblichen System gegenüber, welches in denselben keine andern Gesichts-
punkte angewandt wissen will als die bei Kauf und Verkauf maßgebenden, sind mit
allem Nachdruck die von allen menschlichen Verhältnissen unabtrennbaren sittlichen und
religiösen Gesichtspunkte zur Geltung zu bringen. Für die Darlegungen der Beziehungen
zwischen Staat und Kirche werden selbstverständlich die feststehenden Prinzipien der
kirchlichen Lehre und der katholischen Wissenschaft maßgebend sein.
„Mit strenger Wahrung des katholischen Standpunkts ist sorgfältiges Eingehen
auf die besondern Bedürfnisse der modernen Gesellschaft unter genauer Würdigung der
jedesmal einschlagenden tatsächlichen Verhältnisse zu verbinden. Es sind ebenso die sämt-
lichen Artikel den strengen Anforderungen der heutigen Wissenschaft gemäß zu bearbeiten.
Wo der Gegenstand dazu Veranlassung bietet, ist die Statistik heranzuziehen.
„Im allgemeinen wird auf das Systematische größeres Gewicht zu legen sein als
auf das Historische; rein Historisches ist ebenso auszuschließen wie alles rein Geographische
und rein Ethnographische. . Do es sich ferner um die Bearbeitung eines Staats-
und Gesellschaftslexikons, nicht eines Rechtslexikons im engeren Sinn handelt, so ist das
Detail des Privat= und Handelsrechts, der Prozeßlehre, des Strafrechts und des Kirchen-
rechts auszuschließen, während auch hier die allgemeinen Grundsätze und die verschiedenen
aufgestellten Systeme zu erörtern sind. Allen wichtigeren Artikeln ist eine Übersicht über
die einschlagende Literatur beizufügen."“
Der Auswahl der Artikel liegt ein systematisch angelegter und detailliert aus-
geführter Plan zugrunde, welcher der Generalversammlung vom Jahr 1880 vorgelegt