Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Im Jahr 1853 rief die Verkündigung einer 
streng föderalistischen Verfassung neue Verwick- 
lungen hervor. Durch Beschluß vom 27. Febr. 
1855 wurde in einer Zusatzakte allen Provinzen 
das Recht vorbehalten, sich mit Zustimmung des 
Kongresses für souverän zu erklären und eigene 
Staaten zu bilden, die jedoch mit dem Mutter- 
staat in einer gewissen Verbindung bleiben sollten. 
Ein neues Staatsgrundgesetz vom 15. Juni 1858 
löste die Republik unter Zugrundelegung des nord- 
amerikanischen Föderativsystems in acht nur locker 
verbundene Staaten auf und gab ihr den Namen 
einer Confederaciön Granadina. Aber schon 
1860 brach infolge dieser Neuerungen ein Bürger- 
krieg aus: der Führer der revolutionären Liberalen, 
der General Mosquera, riß den Staat Cauca 
vom Bund los und verband ihn mit dem Staat 
Bolivar zu den „Vereinigten Staaten von Neu- 
granada“. Darauf besiegte er den Führer der 
konservativen (regierenden) Gegenpartei, den Ge- 
neral Arboleda, und zog am 18. Juli 1861 in 
Bogotä ein; hierhin berief er einen außerordent- 
lichen Kongreß, auf welchem sich sieben Staaten 
(darunter auch der neugebildete „Tolima“) zu den 
„Vereinigten Staaten von Colombia“ verbanden: 
Panamq schloß sich gegen Zusicherung fast völliger 
Unabhängigkeit freiwillig an, Antioquia wurde 
1862 unterworfen. Die konservative Partei fügte 
sich nach Arboledas Ermordung (Ende 1862) in 
die neuen Verhältnisse, und ein Krieg mit Ecua- 
dor, welches Arboleda Hilfe geleistet hatte, wurde 
von Mosquera durch den Sieg bei Cuaspad 
(6. Dez. 1863) glücklich beendet. Ein Kongreß 
zu Rionegro gab am 8. Mai 1863 der Republik 
eine neue Verfassung, welche der Generalregierung 
zwar weitgehende Befugnisse einräumte, aber das 
Verhältnis der einzelnen Staaten nicht bestimmt 
regelte und ihnen sogar das Recht zusprach, sich 
der Zentralgewalt zu widersetzen. 
Als Mosquera 1867 eine Militärdiktatur 
schaffen wollte, wurde er verbannt. Unter seinem 
Nachfolger Gutierrez (1868/70) wurde mit den 
Vereinigten Staaten der Vertrag wegen des Pa- 
namakanals geschlossen, an dessen Stelle später 
die Abmachungen mit Frankreich traten. Die Li- 
beralen unterdrückten 1877 einen Versuch der 
Godos (einer konservativ-katholischen Partei) in 
Antioquia und Tolima, die Regierung zu stürzen, 
durch den Sieg bei Los Chaucos. Der wunde #2 
Punkt der liberalen Regierung waren die Finanzen, 
die sich trotz Einziehung der Kirchengüter und Un- 
gültigkeitserklärung der staatlichen Schuldver- 
schreibungen nicht besserten. Daher mußte sie 
1879 nach 19jähriger Herrschaft den Indepen- 
dientes Platz machen, einer gemäßigt liberalen 
Partei, deren Führer Nunez den Katholiken ge- 
rechter wurde und bessere Zustände schuf. Ein 
Aufstand des Pöbels, der 1885 Panamáä und 
Aspinwall plünderte und letztere Stadt nieder- 
brannte, wurde von der Regierungstruppe unter- 
drückt. Nußiez berief darauf 1886 einen National- 
Colombia. 
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rat von 18 Mitgliedern (aus jeder Provinz 2), 
welcher eine neue zentralistische Verfassung schuf, 
die am 5. Aug. 1886 in Kraft trat (Abänderung 
März 1905). Colombiea ist ein Einheitsstaat, der 
in 15 Kreise (Departements) geteilt ist; der Staat 
Cundinamarca mit der Hauptstadt Bogota ist 
Bundesland (Distrito Federal). Zu den De- 
partements kommen noch die sog. Intendanzen. 
1892 wurde Nuiz zum fünftenmal Präsident, 
starb aber während seiner Amtsdauer. Sein Nach- 
folger Caro hatte 1895 neue revolutionäre Be- 
wegungen zu bekämpfen. 1898 brach wieder ein 
Bürgerkrieg aus. Da die revolutionären Bewe- 
gungen in Colombia und in dem benachbarten 
Venezuela beiderseitig hinübergriffen, kamen zu 
zu den innern auch noch äußere Schwierigkeiten. 
Während des Krieges mit Venezuela hatte die 
auf Loslösung Panamäs aus dem colombischen 
Staatenverband gerichtete nordamerikanische Poli- 
tik leichtes Spiel. 1903 lehnte Colombia den von 
den Vereinigten Staaten von Amerika wegen des 
Baus des Panamakanals vorgeschlagenen Vertrag 
ab. Eine Revolution in Panamc ließ nun nicht 
lange auf sich warten, Panamc, trennte sich von 
Colombia und erhielt auch sofort in Washington 
die Anerkennung als selbständige Republik. Die 
Mächte ahmten schnell dieses Beispiel nach. Un- 
fähig, den Vereinigten Staaten mit den Waffen 
entgegenzutreten, verblieb Colombia doch längere 
Zeit im diplomatischen Kriegszustand; der ameri- 
kanische Gesandte wurde abgelehnt. 
2. Colombia hat nach neuester planimetri- 
scher Berechnung einen Flächeninhalt von 
1206 200 qku (offiziell 1091009) mit 4630000 
Einwohnern (4 auf 1 qkm), die sich auf die Kreise 
in folgender Weise verteilen: 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Areist Areal De- S# 
reise rea - au 
võlterung 
Antioguia 71 305 670 000 8 
Atlantion 3 115 105 000 30 
Jolibr 63 505 287000 4 
Bohyao ..... 14 585 310 000 25 
Calds 6280 5 000 30 
Cauüaa 84 400 505 000 6 
Cundinamarea 13 334 279000 20 
Gallen 17 o66 255 000 14 
Hullaa 45 688 143 000 6 
Magdalrea 46 715 100 000 2 
Naritto 97191 256 000 8 
Quesada 803 238 000 29 
Santanderr 30 637 305 0001 
Tolnrca 22 050 195.000 9 
Tundnda 33 723 250 000 6 
Kreise 557 577 000 7 
Bundesdistrikt 1750 120 000— 
Intendanzen 531 682 427000 0S8 
Summa 1091 0o9 4 630 000 4 
Von den Einwohnern entfallen auf die 
Weißen etwa 10, auf die Mestizen 40, auf die In- 
dianer 35, auf die Neger, Mulatten und Zambos 
15 % . Mit Ausnahme weniger Protestanten und 
der unzivilisierten heidnischen Indianer, deren 
Zahl auf 220 000 angegeben wird, bekennen sich 
die Einwohner zur römisch-katholischen Kirche.
	        
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