Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Christians II. Versuch, mit Hilfe der Bürger 
und Bauern die Übermacht des Adels und der 
Geistlichkeit zu brechen, kostete ihm die Krone. 
Die Stände beriefen als Nachfolger seinen Oheim 
Friedrich I., welcher bei seinem Regierungs- 
antritt die alte Handfeste beschwor und dem 
Adel neue Vorrechte bewilligte; auch den Han- 
seaten und Dithmarschen mußte er ihre Privilegien 
bestätigen. Seit 1527 drang die Reformation 
ins Land, begünstigt vom König, welcher den 
Adel durch Anweisung eines Teils des Kirchen- 
vermögens dafür gewann. Zwar sollten nach den 
Bestimmungen der Reichsstände zu Odense 1527 
beide Konfessionen gleiche Rechte haben; aber 
Friedrich besetzte bald alle Bistümer mit Männern, 
die der neuen Lehre anhingen. Nach seinem Tod 
(1533) suchte Lübeck (Wullenweber) im Verein 
mit andern Hansestädten Dänemarks Macht noch 
weiter einzuschränken und den vertriebenen Chri- 
stian II. wieder zurückzuführen, während zugleich 
im Innern ein allgemeiner Bürgerkrieg zwischen 
Adel und Geistlichkeit, Städten und Bauern, 
Katholiken und Protestanten ausbrach. Diese 
sog. Grafenfehde, welche die ohnedies schon schwer 
geschädigte Freiheit und Kraft des Bauernstands 
vollends brach, endete damit, daß sich Friedrichs 
ältester Sohn, der Herzog Christian von 
Schleswig-Holstein, im Frieden zu Hamburg 
(29. Juli 1536) auf dem dänischen Thron be- 
hauptete. Unter Bugenhagens Beirat erfolgte 
nun die Durchführung der Reformation, mit 
welcher eine soziale Umgestaltung des Volkes 
8 in Hand ging. Den Bauern brachte sie 
att der ersehnten Freiheit drückende Leibeigen- 
schaft, dem Klerus nahm sie die weltliche Macht, 
und da die Städte ohne Bedeutung waren, blieb 
nur ein „freier“ und mächtiger Stand, der 
Adel, dessen Ubermacht das säkularisierte Kirchen- 
gut noch vermehrte. Der Glaubenszwang, den 
die neue Hof= und Staatsreligion unnachsichtlich 
auf das Volk ausübte, schaffte der neuen Lehre 
schnelle Verbreitung, obgleich sich sowohl Bürger 
wie Bauern in ihren Erwartungen gründlich ge- 
täuscht sahen. 
In diese Zeit fällt auch die Trennung des re- 
gierenden Hauses Oldenburg in mehrere Linien. 
Die Söhne Friedrichs I., König Christian III. 
und seine Brüder Johann und Adolf, hatten schon 
1540 den Gesamtbesitz Dänemark-Schleswig- 
Holstein geteilt, und als Johann 1580 starb, 
erfolgte die definitive Scheidung, so daß eine 
ältere, königliche Linie Holstein-Sonderburg in 
Dänemark (die aber auch große Teile von 
Schleswig-Holstein besaß) und eine jüngere, her- 
zogliche von Holstein-Gottorp entstand. Erstere 
schied sich schon seit 1564 in die königliche Haupt- 
linie und die herzogliche Rebenlinie Sonderburg. 
Vier Söhne des ersten Herzogs von Sonderburg 
stisteten die Zweige Sonderburg, Norburg (er- 
loschen 1722), Glücksburg (bis 1779) und Plön 
(bis 1761). Sonderburg teilte sich wieder in 
Dänemark. 
  
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fünf Zweige: Franzhagen (bis 1708), die schle- 
sische oder katholische Linie (bis 1727), Augusten- 
burg, Beck (nach einem Gut in Westfalen; seit 
1825 Holstein-Sonderburg-Glücksburg genannt) 
und Wiesenburg (bis 1774). Der gegenwärtige 
Herzog von Schleswig-Holstein = Sonderburg- 
Augustenburg ist der Bruder der deutschen Kaiserin 
Augusta Viktoria; die Linie Schleswig-Holstein- 
Sonderburg-Glücksburg kam nach dem Aussterben 
der königlichen Hauptlinie mit Christian IX. am 
15. Nov. 1863 auf den dänischen Thron. — 
Die jüngere, herzogliche Linie Holstein-Gottorp 
regiert in ihrem älteren Ast seit 1762 in Rußland; 
zum jüngeren Ast gehört das 1809 in Schweden 
entthronte Königsgeschlecht und das seit 1773 in 
Oldenburg regierende großherzogliche Haus. 
Im Dreißigjährigen Krieg verlor Dänemark 
seinen Vorrang in der Ostsee und in Norddeutsch- 
land an Schweden, welchem es auch Oland und 
Gotland 1645 überlassen mußte. Unter Fried- 
rich III. (1649/70) eroberte der Schwedenkönig 
Karl X. das ganze Reich bis auf die Hauptstadt, 
und im Frieden zu Kopenhagen (27. Mai 1660) 
gingen alle übersundischen Lande, Schonen nebst 
Blekinge, Halland und Bohuslän, für immer an 
Schweden verloren; auch auf die Lehnshoheit 
über Schleswig mußte Dänemark verzichten. Da 
der selbstsüchtige Adel in diesen unglücklichen 
Kämpfen wenig Aufopferung und Patriotismus 
gezeigt hatte, übertrug das erbitterte Volk, d. h. 
die Geistlichkeit und der Bürgerstand, auf einem 
Reichstag zu Kopenhagen (8. Sept. 1660) dem 
König die volle Souveränität und das Recht, 
die Reichsverfassung endgültig festzusetzen. Am 
14. Nov. 1665 unterzeichnete Friedrich III. das 
sog. Königsgesetz Conge-Lov), welches bestimmte, 
daß der König lutherischer Konfession sein müsse, 
das Reich nicht zerstückeln und das Königsgesetz 
nicht verletzen dürfe; im übrigen solle er völlig 
unbeschränkt, über das Gesetz erhaben und nur 
Gott für seine Handlungen Rechenschaft schuldig 
sein. In der Folgezeit erhielt diese absolute Re- 
gierungsform eine weitere Festigung, als an 
Stelle des Geburtsadels ein Beamtenadel und 
eine zuverlässige Militärmacht Hauptstützen des 
Königtums wurden. 
Da nach einer Bestimmung des Königsgesetzes 
sowohl die männliche wie die weibliche Nach- 
kommenschaft Friedrichs III. zur Erbfolge berech- 
tigt war, in den Herzogtümern aber das salische 
Erbrecht Geltung hatte, richtete die dänische Po- 
litik von nun ab ihr Augenmerk darauf, den könig- 
lichen Anteil an den Herzogtümern zu erweitern und 
zum Kronland zu machen, sowie mit Beseitigung 
aller Sonderrechte beide Länder unauflöslich mit 
Dänemark zu verbinden. Christian V. (1670 
bis 1699) erwarb nach dem Aussterben der gräf- 
lichen Linie in Oldenburg (1667) das Stamm- 
land seines Hauses, die Grafschaften Oldenburg 
(außer Jever) und Delmenhorst; seine Kämpfe 
gegen Schweden aber blieben erfolglos. Auch sein 
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