185
scheint die Freiheit des Fiskus von Staatssteuern,
da er ja mit dem Staat eine und dieselbe Person ist.
Der Fiskus ist in jedem Staat nur eine Per-
son. Wenn man vom Forstfiskus, vom Domänen-
fiskus, vom Eisenbahnfiskus usw. spricht, so sind
dies nur die verschiedenen Seiten der fiskalischen
Verwaltung, es sind verschiedene Behörden, ver-
schiedene Klassen derselben sonst einheitlichen Per-
sonen, es sind stationes fisci, getrennte Kassen,
aber nicht getrennte Fisci. Insofern diese ver-
schiedenen Behörden untereinander Rechtsgeschäfte
machen, sind dies eigentlich nur Scheingeschäfte,
Verwaltungsakte. Es ist daher unter den einzelnen
Fisci kein eigentliches Rechtsverhältnis, sondern
nur ein Abrechnungsverhältnis denkbar. Tritt
z. B. der Forstfiskus an den Eisenbahnfiskus ein
Grundstück ab, so erfolgt die Umschreibung im
Grundbuch, ohne daß eine Auflassung vorhergeht
(Entscheidungen des preuß. Kammergerichts X
11891) 311). Dieser Grundsatz der Einheitlich-
keit war z. B. in Preußen früher nicht durch-
gehends anerkannt, ist aber unbestritten seit 1850
(Entscheidungen des Obertribunals XX (18511]
19), und in dem heutigen Staatsrecht wird man
ihn nirgendwo mehr in Frage stellen. Im Wider-
spruch damit scheint zu stehen, daß, wenn jemand
z. B. dem Eisenbahnfiskus eine Zahlung schuldig
ist, aber vom Forstfiskus eine solche zu erhalten
hat, er nicht kompensieren, nicht Forderung gegen
Schuld verrechnen kann. Diese Einrichtung ist
aber lediglich ein Erfordernis für die Klarheit und
Sicherheit in der Kassenverwaltung und enthält
keinen abweichenden Grundsatz.
Die Vertretung des Fiskus erfolgt im all-
gemeinen durch die Behörde, zu deren Verwal-
tungsbereich das fragliche Rechtsgeschäft gehört.
Der Finanzminister hat im ganzen die Aufgabe,
die für die Verwaltung nötigen Mittel zu be-
schaffen; er ist der Hauptvertreter der fiskalischen
Interessen, aber die einzelnen Ressorts haben doch
die Wahrnehmung der staatlichen Vermögens-
interessen im einzelnen und führen auch die sie an-
gehenden Prozesse. — In Bayern bestehen aller-
dings besondere Einrichtungen für diese Wahr-
nehmung: im Finanzministerium zwei Kron-
anwälte, bei den Kreisregierungen Kreisfiskalate,
dann noch besondere Vertretungen bei den Staats-
verkehrsanstalten und bei der Heeresverwaltung.
In Sachsen hat das Finanzministerium die Ver-
tretung des Staatsfiskus; für einzelne Zweige
sind aber besondere Verordnungen hinsichtlich der-
selben erlassen (z. B. für die Generaldirektion bei
den Staatseisenbahnen). Ahnlich in Württem-
berg (Sarwey).
Der besondere Gerichtsstand für den Fiskus
ist aufgehoben (in Preußen seit 1849). Der Fiskus
nimmt Recht und wird verklagt bei dem Gericht
des Ortes, in welchem die zuständige Behörde
ihren Wohnsitz hat. Der Fiskus genoß lange Zeit
hindurch mannigfache Privilegien, sowohl nach
materiellem wie nach prozessualem Recht. Im
Fiskus.
186
Laufe der Zeit sind diese Vorrechte mehr und mehr
zusammengeschrumpft; die neueste Gesetzgebung
hat weitere Schritte unternommen, um die völlige
Gleichstellung des Fiskus mit andern juristischen
Personen herbeizuführen. Die prozessualen Ver-
günstigungen sind durch die Zivilprozeßordnung
vollständig beseitigt. Im materiellen Recht sind
einige Vorzugsrechte auch im B.G.B. noch als
notwendig anerkannt worden (vgl. B.G.B. S§ 45,
46. 395, 928, 981, 1936, 1964/66, 2011).
Dagegen hat das B. G.B. die Haftung des
Fiskus für schuldhaftes Verhalten seiner Vertreter
in privatrechtlichen Verhältnissen vollständig kon-
form der der übrigen juristischen Personen ge-
regelt, indem er nach den gleichen Grundsätzen
wie diese durch das Verhalten seiner Vertreter
unmittelbar berechtigt, aber auch verpflichtet wird
(ogl. B.G. B. §§ 31, 89, 278). Soweit jedoch
der Beamte in Ausübung seiner Amtsgewalt han-
delnd Schaden zugefügt hat, ist die Frage der
Haftung des Staates durch das B.G.B. nicht
gelöst worden; vielmehr ist in dieser Hinsicht das
Landesrecht unberührt geblieben (Einf. Ges. Art.
77). Das Prinzip der Nichthaftung wurde bisher
in der Reichsgesetzgebung nur durch die Grund-
buchordnung vom 24. März 1897 (§ 12) durch-
brochen, wo der Staat im Fall der Verletzung der
Amtspflicht durch einen Grundbuchbeamten dem
Beteiligten gegenüber für haftbar erklärt wurde.
Des weiteren vgl. hinsichtlich der Haftpflicht des
Staates und anderer öffentlicher Verbände bei
Ausübung der öffentlichen Gewalt d. Art. Haft-
icht.
In Deutschland ist seit dem Norddeutschen Bund
bzw. seit der Begründung des Deutschen Reiches
der Reichsfiskus entstanden als ein von der
privatrechtlichen Persönlichkeit der Bundesglieder
verschiedenes Subjekt von Vermögensrechten. Es
ergibt sich dies aus der Natur des Bundesstaates,
während der frühere Deutsche Bund wohl Ge-
sellschaftsvermögen, aber keinen Bundesfiskus hatte.
Das B.G. B. erachtet das Bestehen eines Reichs-
fiskus als selbstverständliche Voraussetzung (val.
B.G.B. §§ 981, 1936). Was oben über die
Einheitlichkeit des Fiskus gesagt ist, gilt auch für
den Reichsfiskus. Seine Rechte richten sich nach
den hinsichtlich des Fiskus in dem betreffenden
Einzelstaat bestehenden gesetzlichen Vorschriften.
Er soll nicht besser und nicht schlechter stehen als
der Fiskus der Einzelstaaten. Der Reichsfiskus
besitzt demgemäß die Steuerfreiheit in dem Um-
fang wie der Landesfiskus. Bestritten ist die
Frage wegen der Heranziehung zu Gemeinde-
abgaben durch Einkommensteuer. Die Behörden
behaupten in der Praxis die Steuerfreiheit. Ein
darauf bezüglicher Gesetzentwurf ist 1874/75 un-
erledigt geblieben. Die Abgrenzung zwischen dem
Reichsfiskus und den Fisci der Einzelstaaten ist be-
gründet auf den Verwaltungsbefugnissen. Rechts-
geschäfte, welche durch Reichs= oder Staatsbehör-
den im Namen des Reichs abgeschlossen werden,