Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Aufforstung erheblich sein kann. Die oft auf- 
gestellte Behauptung, daß der Wald in neuerer 
Zeit sich allgemein vermindert habe, ist nicht er- 
wiesen und wohl auch nicht richtig. Historische 
Untersuchungen führen nämlich zu dem Ergebnis, 
daß für Mitteleuropa die Verteilung von Wald 
und Feld im großen und ganzen schon vor 300 
und 400 Jahren ungefähr dieselbe gewesen ist 
wie heutzutage. Mit der Zunahme oder Abnahme 
der Bevölkerung im Laufe der Jahrhunderte hat 
sich die Intensität der landwirtschaftlichen Kultur 
geändert, und ebenso hat sich mit steigendem oder 
fallendem Bedarf an Holz die Sorge für die 
Waldkultur gesteigert oder vermindert. Dies geht 
aus den früheren Vorschriften über Benutzung 
und Bewirtschaftung der Wälder hervor. Um das 
Jahr 1300 hat man Anordnungen hierüber er- 
lassen, welche sachlich von den heutigen sich nicht 
unterscheiden. Es waren damals die einzelnen 
Waldbesitzer (Gemeinden, Klöster usw.), von wel- 
chen die forstpolitischen Maßregeln ausgingen. 
Erst im 16. Jahrh. erschienen die Forstordnungen, 
welche für ganze Staatsgebiete Geltung hatien. 
Die heutigen Forstgesetze sind aus jenen Forst- 
ordnungen hervorgegangen, von welchen sie sich 
mehr der Form als der Sache nach unterscheiden. 
Das heutige Verhältnis der Bodenkulturarten hat 
sich ohne Einwirkung des Staates in früheren 
Jahrhunderten herausgebildet. An der Verteilung 
zwischen Wald und Feld hat unsere Zeit nur 
wenig zu ändern für nötig gefunden. Daraus 
geht hervor, daß jene Verteilung auf sachlich rich- 
tigen Grundsätzen beruhte. 
Das Endergebnis des vorstehend geschilderten 
Prezesses ist, wie erwähnt, die heutige Bewaldung. 
Ihre Ausdehnung ist auf Grund genauer Ver- 
messungen nicht für alle Länder bekannt; jedoch 
ist für die mitteleuropäischen Staaten die Kataster- 
vermessung zum größten Teil vollendet. Für die 
übrigen europäischen Staaten können die unten # 
folgenden Zahlen nur als annähernd richtig gelten. 
Bei den Flächennachweisen ist das zum Waldbau 
bestimmte Areal angegeben. Ein Teil von diesem 
Waldareal ist aber bald kürzere bald längere Zeit 
nicht mit Waldbäumen bestockt, sondern wird zur 
Grasnutzung, als Wege, Gräben, Lagerplätze usw. 
benutzt. Es ist also zwischen der tatsächlich be- 
stockten und der zur forstlichen Benutzung be- 
stimmten Bodenfläche zu unterscheiden. — Der 
leichteren Vergleichbarkeit wegen setzt man die 
Waldfläche in das Verhältnis zur Gesamtfläche 
und drückt erstere in Prozenten der letzteren aus. 
Für Gebiete und Länder, in welchen der unproduk- 
tive Boden (Felshalden, Wasserflächen, Gletscher 
und Schneeflächen) eine erhebliche Ausdehnung 
besitzt, ist der Anteil der Waldfläche nicht nur an 
der Gesamtfläche, sondern auch an der produktiven 
Fläche zu berechnen. In Gebirgsländern weichen 
beide Zahlen oft sehr erheblich (um zehn und mehr 
Prozente) voneinander ab (vgl. die Tabellen auf 
Sp. 198 u. 199). 
Forstwirtschaft usw. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
198 
Deutsches Reich. 
(Stand von 1900.) 
Wance a 
a e e be- 
Staaten MIXM 
Gesamtfläche 
8270 133 23.7 
24466 553 32.5 
384 540 25,8 
600 415 30.8 
567 795 37,.7 
240 009 31,2 
236 740 17,9 
93087 25.8 
62225 21,2 
68 341 10,6 
109 473 30,.1 
103 859 4.1 
35 903 27,1 
59 576 30,1 
57794 25,1 
26 711 30,9 
41 330 43.9 
42 796 38,2 
11253 35,6 
31 198 37,.8 
6900 20,3 
33 488 27,6 
4 083 13.7 
48 0,2 
1 787 4,3 
439 832 30.3 
Deutsches Reich!13 995 869 2V25.9 
Osterreich-Ungarn. 
(Stand nach der Katastervermessung von 1881. 1295.) 
————u“bvb.? -= 
- a e e be- 
Länder ha trägt %0 der 
Gesamtfläche 
Nieder-Osterreig 678779 34,2 
Ober.Osterreicg 407758 34,2 
Salzbunteg . 231 889 32.1 
Steiermark 1075 141 48.0 
q tten: 456 871 14,3 
Krannaa 442 309 44,4 
Triest samt Gebt 2207 23.3 
Görz und Gradiskao 66 9900 22,9 
Istren 64 516 33,2 
— 1037272 38.8 
Vorarlbreg 67 675 26,0 
Böhmen 1 507 326 29.0 
Mähen 609 788 27,4 
Schlesen 174 109 33,8 
Galizien. .... 2021 860 25.8 
Bukowminiaanana 451 194 43,0 
Dalmatn 3881 766 29,8 
Osterreich 9777450 32,6 
Ungen 7542 996 27,1 
Kroatien und Slavonien 1 532 611 36,1 
ungarn s 9075 607 28,8 
Die Unterschiede in den Bewaldungsverhältnissen 
würden noch mehr hervortreten, wenn die Tabellen 
auf die einzelnen Bezirke hätten ausgedehnt werden 
können. In der Durchschnittszahl für ein ganzes 
Land sind die Unterschiede verwischt. In weiten 
Landstrichen (Oldenburg, Hannover, Schleswig) 
bedeckt der Wald nicht 10% der Fläche, in ebenso 
großen andern (Schwarzwald, Odenwald, Vogesen, 
Spessart, Bayrischer Wald) dagegen 50/60 % der- 
selben. Die natürlichen und ökonomischen Ursachen 
dieser Verschiedenheiten find oben bereits besprochen 
worden. — Die Waldflächen der übrigen Staaten 
Europas beruhen vielfach nur auf Schätzung; die 
Angaben find sehr ungenau und verschieden. Sie 
betragen in Mill. ha: Italien 4,0 (14% der Ge- 
7 *
	        
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