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Wiedergabe der Gesetze der einzelnen Länder wird
daher Umgang genommen werden können.
In manchen Ländern beteiligt sich der Staat
selbst an der forstlichen Produktion durch eigenen
Waldbesitz. Der Staatswaldbesic ist, wie
der Domänenbesitz des Staates überhaupt, vielfach
angegriffen worden. Neben den Gründen, welche
gegen den letzteren sprechen, hat man noch Ein-
würfe gegen den Waldbesitz insbesondere erhoben.
So wurde unter anderem geltend gemacht, daß
der Staat auch Feldboden zum Walde ziehe, den
Wald im Interesse des Fiskus und nicht der nachst-
wohnenden Bevölkerung ausnutze, daß der Staat
für die übrigen Waldbesitzer Gesetze erlasse, wäh-
rend er ihr Konkurrent sei, daß die Wirtschaft
durch besondere Beamte unvorteilhaft und kost-
spielig sei. Als Gründe, welche für den Staats-
waldbesitz sprechen, werden angeführt, daß der
Staat für die Erhaltung des Waldes sorge, daß
er das Nationalwohl bei Befriedigung des Holz-
bedürfnisses berücksichtige, daß die Einnahmen aus
dem Staatswalde von großem Vorteil für die
Finanzwirtschaft des Staates seien, daß in den
Staatswaldungen eine Musterwirtschaft getrieben
werden könne, bei der Einfachheit des Betriebs die
Verwaltung durch besondere Beamte zulässig sei.
Diese theoretischen Erwägungen, mögen sie an
sich auch noch so gut begründet sein, haben nur
eine beschränkte Tragweite. Denn um der Vor-
teile willen, welche dem Staatsbesitz zukommen,
wird kein Staat zum Erwerb von Waldungen
schreiten. Die Erwerbung des Staatswaldbesitzes
beruht nicht auf einer prinzipiellen Entschließung,
sondern ist geschichtlich überkommen (landesfürst-
licher Domänenbesitz, Klöstersäkularisationen).
Ebenso wird man um der Nachteile willen den
einmal vorhandenen Staatswald nicht verkaufen,
weil bei Verkauf von großen Flächen die Staats-
kasse sehr bedeutende Verluste erleiden würde.
Es kann sich daher in denjenigen Ländern,
welche Staatswaldungen haben, nur darum han-
dein, daß die Nachteile möglichst vermieden und
die Vorteile voll zur Geltung gebracht werden.
Darüber sollte insbesondere die öffentliche Mei-
nung wachen und Übelstände durch Besprechung
in der Presse und in den Parlamenten zu heben
suchen. Daß durch die Staatswaldwirtschaft höhere
Erträge erzielt werden als durch Gemeinde= oder
Privatwirtschaft, ist allgemein nicht erwiesen; das
Material zu solchen Vergleichungen ist sehr spärlich
vorhanden. Aus mehreren Gemeindewaldungen
sind aber Ertragsziffern bekannt geworden, welche
die im Staatswalde erzielten Erträge übertreffen.
Auch die Ansicht, daß der Staatswald zur Er-
haltung des Waldes nölig sei, ist nicht stichhaltig.
Denn es hat Zeiten gegeben, in denen der Staats-
wald fehlte, und es gibt Länder, welche keinen
Staatswald besitzen. Daß der Staat für die
übrigen Waldbesitzer eine Musterwirtschaft führen
könne, ist nur in sehr eingeschränktem Maße zu-
zugeben, weil der Großbesitz des Staates eine ganz
Forstwirtschaft usw.
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andere Bewirtschaftung mit sich bringt als der
Kleinbesitz der Gemeinden und Privaten. Da-
gegen ist es Aufgabe des Staates, durch wissen-
schaftliche Untersuchungen die Technik und Oko-
nomik der Waldwirtschaft zu heben und zu diesem
Zwecke die Staatswaldungen einzuräumen.
Gemeindewaldungen. Diese sind in den
einzelnen Staaten von sehr ungleicher Wichtigkeit.
Während sie in Süd= und Westdeutschland über
zwei Drittel der Waldfläche umfassen, betragen
sie im Osten kaum 10 % derselben. Es ist daher
erklärlich, daß der Staat nicht überall dieselbe
Stellung zur Gemeindewaldwirtschaft einnimmt.
Was die allgemeinen Wirtschaftsgrundsätze be-
trifft, so ist dem Wesen der Gemeinde entsprechend
die nachhaltige Nutzung des Waldes festzuhalten.
Jedoch ist dieses Prinzip nicht so starr aufzufassen,
als ob nicht in besondern Fällen (zu Schulhaus-
bauten, Gewässerkorrektionen, Abtragung drücken-
der Schuldenlasten usw.) vorübergehend eine Ab-
weichung gestattet werden könnte. Den Eigen-
tümlichkeiten und den speziellen Bedürfnissen jeder
Gemeinde muß auch die Bewirtschaftung und
Benutzung des Gemeindewaldes angepaßt werden.
Der Staat hat sodann darüber zu wachen, daß
das Gemeindevermögen (vielfach beruht dieses ge-
rade auf Waldbesitz) nicht zum Vorteil einzelner
Gemeindeglieder oder zur Bereicherung der Ge-
genwart auf Kosten der Zukunft mißbraucht oder
überhaupt durch Mißwirtschaft geschädigt und ver-
schleudert werde. Diese Pflicht des Staates ist
allgemein anerkannt. Allein über das Maß des
staatlichen Eingreifens in die Verwaltung des Ge-
meindevermögens gehen die Ansichten auseinander.
Die allgemeinen politischen Freiheiten der Ge-
meinden sind auch für die Verwaltung des Ge-
meindevermögens von grundlegender Bedeutung.
Für die Überwachung der Waldwirtschaft der
Gemeinden lassen sich drei Systeme unterscheiden:
die allgemeine Vermögenskontrolle, die spezielle
Aussicht durch einen Staatstechniker und die Be-
försterung, d. h. die Bewirtschaftung der Ge-
meindewaldungen durch einen Staatstechniker.
Die allgemeine Vermögenskontrolle durch einen
politischen, nicht technisch gebildeten Verwaltungs=
beamten ist unzureichend, weil durch einen solchen
der Zustand des Waldes selbst, auf welchen es
hauptsächlich ankommt, nicht mit der erforderlichen
Genauigkeit und Sachkunde geprüft werden kann.
Am meisten Verbreitung hat das System der
Oberaussicht durch Staatsforstbeamte, sei es, daß
der Gemeindewald durch einen technisch gebildeten
Verwalter oder durch empirisch gebildete Ge-
meindemitglieder bewirtschaftet wird. Innerhalb
der durch das Gesetz gezogenen Schranken ist die
Gemeinde in der Bewirtschaftung ihrer Waldungen
frei, und die Oberaufsicht hat nur zu verhindern,
daß ungesetzliche und unwirtschaftliche Maßregeln
(Übernutzung, Verödung des Bodens usw.) ge-
troffen werden. Die Beförsterung, wie sie in Hessen,
Baden, Elsaß-Lothringen, der Pfalz und in Unter-