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gewinnung, Nutzung der Bienenweide usw. Eine
genaue Nachweisung der überhaupt auf den Wal-
dungen ruhenden Dienstbarkeiten ist beim Mangel
der statistischen Erhebungen nicht möglich. Die
Bedeutung der Servituten für den Berechtigten
liegt im unentgeltlichen Bezug von Waldprodukten,
in der Eigenschaft der Servitut als einer Einkom-
mensquelle. Der Berechtigte wird daher zur Auf-
hebung des Nutzungsrechts nur bereit sein, wenn
die Gewinnungskosten den Nutzen übersteigen oder
wenn die Nutzung infolge der Anderung der wirt-
schaftlichen Verhältnisse an Wert verloren hat (3.B.
die Waldweide nach Einführung der Stall-
fütterung, die Mastnutzung seit dem Kartoffel-
bau usw.). Für den belasteten Wald entsteht durch
die Servitutnutzung kein finanzieller Verlust, wenn
der Besitzer den Gegenstand der Nutzung nicht
verwerten kann (Dürrholz). Ist aber die Verwer-
tung dem Waldeigentümer möglich, so wird er die
Servitut für um so nachteiliger erachten, je höher
der Preis des Nutzungsobjekles gestiegen ist. Da
der Waldbesitzer gezwungen ist, eine Wirtschaft zu
führen, welche die Ausübung der Servitut er-
möglicht, so kann er einen Ausfall im Ertrag er-
leiden, wenn er zur einträglichsten Wirtschafts-
weise überzugehen verhindert ist. Wenn durch die
Servitutnutzung die Produktionskraft des Waldes
geschmälert wird (Abbeißen der Holzpflanzen durch
das Weidevieh, Erschöpfung des Bodens an mine-
ralischen Nährstoffen durch Streunutzung usw.),
so wird der Belastete um so mehr auf Aufhebung
der Servitut dringen, je intensiver seine Wirtschaft
ist oder sein könnte.
Volkswirtschaftlicher Schaden entsteht durch eine
Servitut erst, wenn der Schaden des Belasteten
größer als der Nutzen des Berechtigten ist, wenn
also durch die Servitut eine verschwenderische Ver-
geudung der Nutzungsgegenstände eintritt oder der
Übergang zu einer vorteilhafteren Wirtschaft un-
möglich gemacht wird. In solchen Fällen ist der
Staat, als Vertreter des Gesamtinteresses, ver-
pflichtet, auf die Anderung der bestehenden Ver-
hältnisse hinzuwirken, soweit es ohne Schädigung
des Berechtigten oder Belasteten zulässig erscheint.
Wenn die Servitutnutzung eine Existenzbedingung
für die Bevölkerung bildet (Weide im Gebirge
usw.), so kann die vollständige Aufrechterhaltung
der Servitut rätlich erscheinen und nur eine Reg-
lung derselben angezeigt sein.
Die Reglung besteht teils in Fixierung der
Berechtigung (statt des „nötigen Brennholzes“
eine bestimmte Anzahl von Raummetern), teils
in der Einschränkung auf ein unschädliches Maß.
Manchmal wird die Verlegung der Berechtigung
auf andere Grundstücke (Streunutzung auf frucht-
barere Waldteile usw.) oder die Umwandlung des
bezogenen Gegenstandes in einen andern, gleich-
wertigen (Nadelholz statt Laubholz usw.) nötig.
Die Reglung geschieht meist im Wege des
freien Ubereinkommens. Eine vollständige Be-
seitigung der Servitut bezweckt die Ablösung,
Forstwirtschaft usw.
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d. h. die Aufhebung eines Nutzungsrechts gegen
Ersatz seines Wertes an den Berechtigten (s. I, 37).
Sie erfolgt öfters ebenfalls auf dem Wege des
freien Ubereinkommens; manchmal wird sie aber
vom Staat erzwungen (Zwangsablösung), wenn
ohne diese Ablösung eine bessere Landeskultur un-
möglich wird. Die hierüber zu erlassenden Gesetze
betreffen die Ablösbarkeit, das Recht der Provo-
kation, die Abfindung und das formelle Verfahren.
Die Ablösbarkeit ist eine bedingte oder unbedingte,
je nach der Ungleichartigkeit oder Gleichartigkeit
der Verhältnisse innerhalb eines bestimmten Ge-
bietes. Das Recht, die Zwangsablösung zu be-
antragen (Recht der Provokation), wird in der
Regel dem Belasteten und dem Berechtigten ein-
geräumt. Behufs Feststellung des Wertes der
Berechtigung ist die Berechnung des entsprechen-
den Geldkapitals notwendig. Dieser Wert ist für
den Berechtigten als sog. Nutzwert zu berechnen,
während für den Belasteten der Vorteil, welcher
ihm aus der Ablösung erwächst (Vorteilswert), zu
veranschlagen ist. Der Nutzwert ist dem kapitali-
sierten Geldreinertrag der Nutzung gleich; der bei
der Berechnung anzuwendende Zinsfuß muß gut-
achtlich gewählt und hierbei den künftig möglichen
Veränderungen des Reinertrags Rechnung ge-
tragen werden. Der berechnete Wert muß dem
Berechtigten ersetzt werden. Das Objekt, das er
als Ersatz oder Entschädigung erhält, nennt man
die Abfindung. Diese kann in Geld, in landwirt-
schaftlich benutzbarem Boden oder auch in be-
stocktem Waldboden bestehen. Für die Wahl unter
den Abfindungsarten sind die wirtschaftlichen Ver-
hältnisse des Berechtigten und des Belasteten ent-
scheidend. Kann der erstere die Nutzung selbst nicht
entbehren, so muß Land= bzw. Waldabtretung
erfolgen; ist die Nutzung ihm entbehrlich, so kann
er mit Geld entschädigt werden. Das Geldkapital
muß so groß sein, daß dessen Zinsen jederzeit zur
Erwerbung des Nutzungsgegenstandes ausreichend
sind. Das Ablösungsverfahren wird im Anschluß
an die allgemeine Behördenorganisation geregelt;
es wird also je nach der Größe des Staates ver-
schieden sein. Vielfach übernimmt der Staat die
kefsmitling der Zahlungen (staatliche Ablösungs-
kassen).
IXX. Die Steuer aus dem Waldbesitz wird
nach dem in jedem Staate herrschenden Steuer-
svstem festgesetzt. Forstpolitisch ist zu beachten, daß
durch zu hohe Besteuerung des im Walde vor-
handenen Holzkapitals der Besitzer zum Schlagen
desselben und unter Umständen zu wenig sorg-
fältiger Wirtschaft veranlaßt werden kann.
X. Hauptgesichtspunkte der Organisation
des JForstdienstes. Vor allem ist die rein tech-
nische Seite des forstlichen Dienstes zu unterschei-
den von der forstpolizeilichen Tätigkeit. Wenn
Gemeinden oder größere Privatwaldbesitzer einen
Forstmann in ihren Dienst berufen, so hat dieser
nur die technischen Aufgaben im Walde auszu-
führen und die schriftlichen Verwaltungsgeschäfte