Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Bedeutung ist diese Frage nicht. Ackerbaumini- 
sterien bestehen nur in wenigen großen Staaten. 
Bei größerem Staatswaldbesitz, welcher eine Ein- 
nahmequelle für den Staat bildet, liegt die Unter- 
stellung unter das Finanzministerium nahe. Be- 
züglich der Aufsicht über die Gemeindewaldungen 
und auch Privatwaldungen ist zur Vermeidung 
von Einseitigkeiten und Übertreibungen eine Mit- 
wirkung des Ministeriums des Innern angezeigt. 
In einzelnen Ländern (z. B. Baden, Württem- 
berg, Hessen) ist die Abstufung, wie sie oben skizziert 
ist, nicht festgehalten, sondern der Oberförster, statt 
unter einen Forstmeister, direkt unter die Direktion 
gestellt worden; mit dieser verkehrt er unmittelbar. 
Man hat dieses System mit dem Namen „Ober- 
förstersystem“ bezeichnet. Die Inspektion wird von 
den Mitgliedern der Direktion und nicht von den 
im Lande verteilten Forstmeistern vorgenommen. 
Daß eine Inspektion, wie in der Staatsverwal- 
tung überhaupt, so auch bei der Verwaltung des 
Staatswaldes unerläßlich ist, wird nicht in Ab- 
rede gestellt werden können. Es fragt sich nur, 
bis zu welchem Grade der Inspektionsbeamte in 
die Tätigkeit des verwaltenden Lokalbeamten soll 
eingreifen können. Je tüchtiger und gebildeter der 
Lokalbeamte ist, um so sachgemäßer wird er die 
einzelnen Arbeiten vornehmen, um so überflüssiger 
wird also die Detailaufsicht und Detailkontrolle 
durch einen Inspektionsbeamten sein. Die höhere 
Behörde hat bei der Anstellung nun darüber zu 
wachen, daß nur solche Lokalbeamte gewählt wer- 
den, bei welchen jene Voraussetzung zutrifft. 
Nachlässigkeit in der Pflichterfüllung oder Un- 
tauglichkeit zur Bekleidung einer bestimmten Stelle 
oder gar Untreue in der Verwaltung lassen sich 
nie vollständig vermeiden; sie können wohl zu be- 
sondern sichernden Vorschriften Anlaß geben, 
dürfen aber nicht das Motiv für eine den ganzen 
Stand treffende und daher denselben belästigende 
Maßregel und Organisation sein. Der Schwer- 
punkt der Tätigkeit des Inspektors sollte in der 
Einführung neuer Ideen und in der Beratung 
schwieriger Aufgaben vor deren Ausführung, nicht 
in der mechanischen Kontrolle liegen. Im übrigen 
ist die Wurzel dieser organisatorischen Frage in 
der Ausbildung des Personals zu suchen. Die 
heutigen „Oberförster“ mit akademischer Bildung 
sind aus den früheren Unterförstern mit empirischer 
Bildung hervorgegangen; das Unterpersonal ist 
auf die gleiche Bildungsstufe wie der Forstmeister 
erhoben worden und so eigentlich an dessen Stelle 
getreten. Die frühere Organisation (empirisch ge- 
bildetes Unterpersonal, akademisch gebildeter Ver- 
walter, der Forstmeister hieß, Inspektion und Di- 
rektion) wird vielleicht mit einigen Modifikationen 
auch in der Staatsforstverwaltung wiederhergestellt 
werden. Die großen Privatwaldbesitzer und auch 
manche Gemeinden haben sie vielfach beibehalten, 
was jedenfalls nicht gegen ihre technische Zweck- 
mäßigkeit spricht. Anderseits sind vom Staate 
Anforderungen an den Bildungsgrad des Forst- 
Forstwirtschaft usw. 
  
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mannes gestellt worden, welche nicht mit der Tätig- 
keit des Technikers, sondern mit der Eigenschaft 
des staatlichen Beamten zusammenhängen. 
XI. Anterricht und Ausbildung. In den 
verschiedenen Ländern ist der Unterricht für die 
akademisch gebildeten Forsttechniker nicht gleich- 
artig organisiert. Er wird teils an den Hoch- 
schulen (Universität, Polytechnikum), teils an 
besondern Fachschulen (Akademie) erteilt. Mit 
der Universität ist der forstliche Unterricht ver- 
bunden in Bayern (München für die zwei letzten 
Studienjahre), Württemberg (Tübingen), Hessen 
(Gießen); mit der Technischen Hochschule ist er ver- 
einigt in Baden (Karlsruhe) und in der Schweiz 
(Zürich). Osterreich hat in Wien eine besondere 
Hochschule für Bodenkultur errichtet, an welcher 
eine forstliche Abteilung besteht. Für sich bestehende 
Institute sind die Forstakademien in Preußen 
(Eberswalde, Münden), in Sachsen (Tharand), 
Bayern (Aschaffenburg für die zwei ersten Stu- 
dienjahre; die Aufhebung steht unmittelbar bevor), 
Thüringen (Eisenach), Böhmen (Weißwasser), 
Mähren (Weißkirchen), Ungarn (Schemnitz, in 
Verbindung mit dem bergbaulichen Unterricht), 
Frankreich (Nancy), Italien (Vallombrosa). Als 
Vorbedingung des forstlichen Studiums wird jetzt 
fast ausnahmslos das Maturitätszeugnis von 
einem Gymnasium, einem Realgymnasium oder 
einer Oberrealschule, jedoch in manchen Staaten 
mit ergänzender Prüfung im Latein verlangt. 
Der Besuch des Gymnasiums ist im allgemeinen 
vorzuziehen; es wäre jedoch wünschenswert, daß 
der Unterricht in Mathematik und Naturwissen- 
schaft sowie im Zeichnen am Gymnasium mehr 
gepflegt würde. In einigen Staaten (Süddeutsch- 
land, Osterreich und der Schweiz) kann nach Be- 
endigung des Gymnasialunterrichts alsbald das 
forstliche Fachstudium begonnen werden. In andern 
dagegen muß diesem letzteren eine praktische Vor- 
lehre, in der Regel von sechs Monaten, vorausgehen. 
Diese soll die wichtigsten Lehrgegenstände durch 
Anschauung und praktische Ubung vor Augen 
führen und das Verständnis des theoretischen Unter- 
richts erleichtern. Dies wird auch, oft aber nur 
teilweise, erreicht, allerdings mit unverhältnis- 
mäßig großem Zeitaufwand. Dasselbe Ziel läßt 
sich durch zweckentsprechende Einrichtung des theo- 
retischen Unterrichts an der Schule und durch die 
Verbindung desselben mit praktischen Demonstra- 
tionen und Ubungen in kürzerer Zeit erreichen. 
Weittragender als diese Anforderungen hin- 
sichtlich der praktischen Vorbildung ist der Unter- 
schied in Erteilung des eigentlichen Fachunterrichts. 
Denn nicht darum handelt es sich, ob der Forst- 
mann die Universität besuchen solle (dies ist in der 
Regel der Fall), sondern darum, ob der forstliche 
Fachunterricht ebenfalls an der Universität oder 
aber an der isolierten Akademie erteilt werden soll. 
Letztere Anstalten haben den Vorzug, daß der 
ganze Lehrplan nur für einen einzigen Berufs- 
zweig eingerichtet werden muß, während an der
	        
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