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in der Industrie 12, im Handel 29; Angestellte
und Arbeiter 36 bzw. 65 bzw. 42; Einzelarbeiter
22, 23 und 29. Nach Geschlechtern: auf 100
Betriebsleiter kommen im Ackerbau 41 Frauen,
Industrie 31, Handel 42; auf 100 Angestellte
28, 27, 25; auf 100 Einzelarbeiter 23, 55, 49.
1901 zählte man 3 185 000 gewerbliche Be-
triebe mit zwei und mehr gleichzeitig Beschäftigten;
im Ackerbau 1340 178 (1337 949 mit weniger
als 21 Angestellten), Industrie 616 164 (594 326),
Handel 249 024 (246 553).
III. Die Berfassung der Republik (seit 1789
die zwölfte Frankreichs) ist repräsentativ-demo-
kratisch und beruht auf den Gesetzen vom 25. Febr.
und 16. Juli 1875 über die öffentlichen Gewalten
(teilweise ergänzt durch die Gesetze vom 13./14.
Aug. 1884), vom 24. Febr. und 2. Aug. 1875
und 9. Dez. 1884, betreffend den Senat, und vom
30. Nov. und 24. Dez. 1875, vom 28. Juli 1881
und vom 16. Juni 1885, betreffend die Wahl
der Abgeordneten. Nach dem Gesetz vom 22. Junie
1886 ist das Territorium den Chefs der Familien,
die früher in Frankreich regiert haben, und ihren
direkten Erben verschlossen, und die Mitglieder
der früheren Herrscherfamilien dürfen weder in die
Armee und Flotte eintreten noch irgend eine öffent-
liche Funktion oder ein Wahlmandat ausüben.
Die gesetzgebende Gewalt ist zwei Kammern, der
Abgeordnetenkammer und dem Senat, gegeben, die
zur Nationalversammlung (Assemblée natio-
nale) zusammentreten, wenn der Präsident ge-
wählt oder die Verfassung revidiert werden soll.
Die vollziehende Gewalt kommt dem Präsidenten
zu, der seinen Sitz, ebenso wie die beiden Kam-
mern, in Paris hat (Gesetz vom 19./21. Juni
1879). Die Abgeordnetenkammer (chambre
des députés) besteht aus 584 Mitgliedern (wo-
runter 6 aus Algier und 10 aus den Kolonien),
die auf Grund des allgemeinen, nur durch das
Alter von 21 Jahren für die Wahlberechtigung
und von 25 Jahren für die Wählbarkeit sowie
durch den Genuß der bürgerlichen und politischen
Rechte, aber durch keinen Zensus beschränkten
Stimmrechts auf 4 Jahre gewählt werden. Die
Wahl findet nach Arrondissements direkt statt (je
1 Abgeordueter auf 70 000 Einwohner). Aktive
Militär= und Marinepersonen sind weder wahl-
berechtigt noch wählbar. Auch die Ausübung der
aus Staatsmitteln entlohnten öffentlichen Dienste
ist in der Regel mit dem Mandat eines Abgeord-
neten unvereinbar; ausgenommen hiervon sind die
Amter der Minister, Unterstaatssekretäre, Ge-
sandten, des Seine= und des Polizeipräfekten, der
ersten Präsidenten und Generalstaatsanwälte des
Kassations-, Rechnungs= und Appellationsgerichts-
hofes von Paris, der höheren Geistlichen, ordent-
lichen Universitätsprofessoren und der mit einem
zeitweiligen Amt (bis auf die Dauer eines halben
Jahres) betrauten Personen. Ubrigens muß sich
jeder Abgeordnete, der für eines dieser Amter (mit
Ausnahme der Minister und Staatssekretäre) er-
Frankreich.
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nannt oder darin befördert wird, einer neuen
Wahl unterziehen. Der Präsident der Republik
kann im Einverständnis mit dem Senat die Ab-
geordnetenkammer vor dem Ablauf ihres Man-
dats auflösen, muß aber dann die Wahlkollegien
binnen zwei Monaten zu neuen Wahlen zusammen-
berufen.
Der Senat ist aus 300 mindestens 40 Jahre
alten Mitgliedern zusammengesetzt, welche durch
besondere Wahlkommissionen der Departements
und Kolonien auf 9 Jahre gewählt und alle
3 Jahre zu einem Drittel erneuert werden. Die
Wahlkörper setzen sich in jedem Departement aus
den Abgeordneten, den General= und Arrondisse-
mentsräten und den Vertretern der Gemeinden
zusammen, deren Zahl sich nach der Höhe der
Einwohnerzahl richtet; die Wahl findet im Haupt-
orte des Departements durch absolute Stimmen-
mehrheit statt. Die 75 ursprünglich von der
Nationalversammlung und von dem Senat auf
Lebenszeit gewählten Senatoren sind unabsetzbar,
werden aber seit 1884 nach ihrem Aussterben
ebenso wie die übrigen ergänzt; 1908 waren noch
5 lebenslängliche Senatoren vorhanden. Mit-
einander unvereinbar sind die Funktionen eines
Senators und die eines Staatsrats und Requeten-
meisters, eines Präfekten und Unterpräfekten (mit
Ausnahme des Seine= und Polizeipräfekten), Mit-
glieds der Appellhöfe und der Tribunale erster
Instanz (mit Ausnahme des Generalprokurators
am Pariser Appellhofe), Generalschatzmeisters, Fi-
nanzeinnehmers und eines Beamten in den Mini-
sterien. Dieselben Personen, welche in ihren Be-
zirken nicht für die Deputiertenkammer wählbar
sind, können nebst allen Offizieren und mili-
tärischen Intendanten in ihren Bezirken auch nicht
für den Senat gewählt werden. Der Senat kann
als Staatsgerichtshof über den Präsidenten der
Republik und einen Minister zu Gericht sitzen und
über Attentate gegen die öffentliche Sicherheit ab-
urteilen. — Abgeordnetenkammer und Senat ver-
sammeln sich alljährlich am zweiten Dienstag des
Jannar, wenn der Präsident der Republik sie nicht
eher beruft, und müssen mindestens fünf Monate
versammelt bleiben. Ihre Sitzungen sind öffent-
lich; ihre Mitglieder erhalten Diäten (15 000
Francs) und genießen für ihre Außerungen und
Abstimmungen die Unverantwortlichkeit; ebenso
können sie ohne Zustimmung der Kammer während
der Dauer der Session weder strafrechtlich verfolgt
noch verhaftet werden, ausgenommen den Fall der
Ergreifung auf frischer Tat. Jede Kammer wählt
sich für die Session ihren Vorstand. Beide be-
ginnen und beendigen ihre Sitzungen zu gleicher
Zeit. Der Präsident der Republik verkündigt den
Schluß der Session und hat das Recht, die Kam-
mern zu einer außergewöhnlichen Sitzung zu-
sammenzurufen; er muß dies tun, sobald die ab-
solute Mehrheit der Kammer und des Senats
darauf antragen. Er kann die Kammer vertagen,
aber nicht auf länger als einen Monat und nicht