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Reichskanzlers (1889); Passow, Das Wesen der
Ministerverantwortlichkeit im monarchischen Staat,
in Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft,
59. Jahrg. 1903, 159; Zorn, Die staatsrechtliche
Stellung des preuß. Gesamtministeriums (1894);
v. Stengel, Das Staatsrecht des Königr. Preußen
(1894); v. Rönne, Staatsrecht der preuß. Mon-
archie (5/1899/1906, von Zorn); Hue de Grais,
Handb. der Verfassung u. Verwaltung in Preußen
u. im Deutschen Reiche (181907); v. Seydel, Bayr.
Staatsrecht (4 Bde, 21895 f); v. Sarwey, Das
Staatsrecht des Kgr. Württemberg (2 Bde, 1883);
Gaupp, Das Staatsrecht des Kgr. Württemberg,
in Marquardsens Handbuch des öffentl. Rechts III
1 (1888); Rosenberg, Die staatsrechtliche Stel-
lung des Statthalters in Elsaß-Lothringen (1898);
Schenkel, Das Staatsrecht des Großhzgt. Baden,
in Marquardsens Handbuch des öffentl. Rechts III
1 (1888); Wielandt, Das Staatsrecht des Groß-
hägt. Baden, in Marquardsens Handbuch III 1
(5/1895); Cosack, Das Staatsrecht des Großhzgt.
Hessen (1894); Gareis, Das Staatsrecht des Groß-
hägt. Hessen, in Marquardsens Handbuch III 1
(1888); Hatschak, Engl. Staatsrecht, in Marquard-
sens Handbuch IV 1 (1905); Jellinek, Ein Gesetz-
entwurf betr. die Verantwortlichkeit des Reichs-
kanzlers u. seiner Stellvertreter nebst Begründung
(1909). [E. Baumgartner.]
Garantien, völkerrechtliche. (Allge-
meine Einleitung: Staatsverträge. Sicherung
der völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse in der Ver-
gangenheit und Gegenwart. Nebenverträge und
selbständige Garantieverträge. Gegenstand. Form
der Garantie. Eintritt des Garantiefalles. Er-
löschen der Garantie. Bedeutung der Garantien.)
I. Allgemeine Einleitung: Staatsver-
träge. Selbst das modernste Völkerrecht ist aus
zwei Gründen noch sehr unvollkommen: einmal
liegt der Grund in dem Mangel staatlicher Garan-
tien, d. h. in dem Fehlen eines obersten Organes,
das gesetzgebend und rechtsprechend, vor allem
zwangsweise die bestehenden Normen des Völker-
rechts durchsetzen kann; sodann aber fallen vor allem
ins Gewicht die großen Verschiedenheiten, die
noch immer in Rasse, Tradition, Willenskraft,
Bildung usw. zwischen den Gliedern der Völker--
familien bestehen, und dieser Umstand ist es vor!
allem, der immer von neuem die Grundfrage auf-
rollt, was denn eigentlich als völkerrechtsgemäß
anzusehen sei. Tatsächlich ist das Völkerrecht erst
geschaffen durch die fortschreitende Kulturentwick-
lung. Wenn in grauer Vorzeit die Ausbildung
bedeutender Götterkulte einen internationalen mo-
dus vivendi geschaffen, so brachte der Übersee-
handel der Phönizier und Griechen das Institut
der Gastfreundschaft, den ersten Ansatz einer Ach-
tung der Fremden. Doch hat die alte Welt es
nie zur Ausbildung des völkerrechtlichen Leitsatzes
gebracht, daß die Staaten als solche einander in
ihrer Integrität zu respektieren und sich in ihrer
Gleichberechtigung anzuerkennen haben. Und noch
heute beruht das Recht der Souveränität, das
Recht auf Territorialhoheit, das Recht der Selbst-
erhaltung, das Recht auf Achtung, das Recht auf
Garantien, völkerrechtliche.
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gegenseitigen Verkehr doch nur auf der tatsächlichen
Fähigkeit, sich politisch frei zu betätigen, solange
die andern Staaten den betreffenden Staat als
Rechtssubjekt, d. h. als eine die staatlichen Funk-
tionen selbständig ausübende Person, anerkennen.
Die Fähigkeit, Verträge zu schließen, ist ein
Ausfluß der Souveränität. Doch haben bis-
weilen auch halbsouveräne Staaten das Recht, auf
nichtpolitischem Gebiete Verträge, insbesondere
Handelsverträge, zu schließen. So kann Agyp-
ten Verträge schließen über Zollwesen, Handel,
Fremdenpolizei; am Weltpostverein sind Tunis
und Agypten als vertragschließende Staaten be-
teiligt. Der Vertragsabschluß kommt meist durch
den gegenseitigen Austausch der Ratifikations-
urkunden zustande. Mit der Ratifikation ist der
Vertrag völkerrechtlich verbindlich; indes sind da,
wo nach der Verfassung eines kontrahierenden
Staates die Zustimmung der gesetzgebenden Fak-
toren erfordert wird, diese staatsrechtlichen Be-
schränkungen auch völkerrechtlich von einschneiden-
der Bedeutung. Der Staatsvertrag berechtigt
und verpflichtet die vertragschließenden Teile, er
bindet und berechtigt nicht dritte Staaten, denen
allerdings der Beitritt offengehalten werden kann.
Die Nichterfüllung des Vertrages durch den einen
der vertragschließenden Teile berechtigt den andern
zum Rücktritt vom Vertrage.
II. Sicherung der völkerrechtlichen Rechts-
verhältnisse in Bergangenheit und Gegen-
wart. Schon in den ältesten Zeiten hat man,
um dem Mangel des internationalen Vertrags-
rechtes nach Möglichkeit zu begegnen, zu beson-
dern Mitteln möglichster Verstärkung und Siche-
rung der internationalen Verträge gegriffen. Diese
Mittel nennt man völkerrechtliche Garantien im
weiteren Sinne. Dieselben sind teils gänzlich
außer Gebrauch gekommen und insofern nur noch
von historischem Interesse, teils wird ihnen der-
malen nur mehr eine beschränkte Anwendung
zuteil. .
Zu den gänzlich außer Gebrauch gekom-
menen Garantien im weiteren Sinne gehören:
1) religiöse Feierlichkeiten, wie solche bei der Ab-
schließung von Staatsverträgen zu deren Bekräf-
tigung sowohl im Altertum (z. B. bei den Römern
durch die Fetialen) als auch im Mittelalter (z. B.
durch das Küssen des Kreuzes oder den Genuß
der heiligen Hostie) üblich waren; 2) die eidliche
Bekräftigung der Verträge seitens der Kontrahenten
oder eines derselben, durch welche der vertrags-
mäßig übernommenen Verbindlichkeit eine religiöse
Verpflichtung hinzugefügt werden sollte. Die
Griechen schickten eigene Gesandte (bprorcke) an
den andern Staat, um daselbst vor der Volks-
versammlung den Eid zu leisten oder abzunehmen.
Den Römern galten nur jene Verträge als heilig,
welche beschworen waren. Im Mittelalter wurden
alle bedeutenderen Verträge beschworen, und man
hielt den Eid sogar für wichtiger als die schrift-
liche Abfassung. Auch in der Neuzeit war die