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weiteren Folgerungen führen dürfte. Man wird
der Ansicht zustimmen können, daß der Begriff der
Gebühren immerhin verlangt, daß es sich bei den
Leistungen des Staates oder der Gemeinde um
solche handelt, die wesentlich mit den eigentlichen
staatlichen oder kommunalen Aufgaben zusammen-
hängen, was bei den Erwerbseinkünften doch nicht
durchgehends der Fall ist.
Die Finanzwissenschaft unterscheidet Bausch-
und Einzelgebühren, feste und veränderliche Ge-
bühren, Fiskal= und Beamtengebühren. Bei den
Bauschgebühren werden eine Reihe amtlicher Tätig-
keiten zusammengefaßt. Die Einzelgebühren knüpfen
dagegen an bestimmte Akte an. Veränderliche Ge-
bühren sind im Gegensatz zu festen Gebühren
solche, die auf die besondern Verhältnisse des Falles
Rücksicht nehmen und entweder nach bestimmten
Merkmalen, z. B. Wertsumme, Zeitdauer (Gra-
duationsgebühren) erhoben werden, oder einen be-
stimmten Spielraum zwischen dem höchsten und
niedersten Satz (Rahmengebühren) zulassen. Die
Fiskalgebühren fließen direkt in die Staatskasse,
die Beamtengebühren werden von den mit öffent-
lichen Funktionen betrauten Beamten für eigene
Rechnung erhoben. Nach der Verschiedenheit der
staatlichen Tätigkeit findet man die Einteilung in
Verwaltungsgebühren und Gebühren der
Rechtspflege. Man wird immer in der Lage
sein, einer dieser beiden großen Gruppen die tat-
sächlich vorhandenen Gebühren einzufügen.
Auf dem Gebiet der Verwaltungsgebühren
kommt der Unterschied in den Ansichten über den
Begriff, auf welchen vorstehend hingewiesen wurde,
zur Geltung. Bei Schall finden wir folgende
Unterabteilungen: Gebühren in Angelegenheiten
des persönlichen Lebens (z. B. Eintragung in das
Zivilstandsregister, Staatsangehörigkeit); in An-
gelegenheiten des Erwerbslebens (z. B. Konzes-
sionsgebühren, Erlaubnisgebühren, Beglaubi-
gungsgebühren); Gebühren für die Erteilung be-
sonderer Rechte (z. B. Patente), für Exemtionen
G#. B. Minderjährigkeitsdispensationen). Eine
etwas weitere Ausdehnung des Gebührenbegriffs
führt unter den hierher gehörigen volkswirtschaft-
lichen Angelegenheiten auch zur Einreihung der
Gebühren für Benutzung von Brücken, Land-
straßen usw. Der Staat unterhält hier nicht einen
Betrieb wie bei den Eisenbahnen, sondern er schafft
nur die Möglichkeit des Betriebes durch seine Ein-
richtungen. Ferner werden ausgenommen die Ge-
bühren für Benutzung der Bildungsanstalten
(Roscher). Wagner führt unter den „Gebühren
der volkswirtschaftlichen Verwaltung“ im einzelnen
auch die Abgaben auf dem Gebiete des Münz-
wesens, der Wege, der Post und der Telegraphie
auf. Es ist klar, daß gerade auf diesem volkswirt-
schaftlichen. Gebiete die Teilung der Aufgaben
zwischen Staat, Gemeinde bzw. sonstigen Korpo-
rationen öffentlichen Rechts und der privaten
Tätigkeit von ganz entscheidendem Einfluß auf die
Entwicklung des Gebührenwesens, auf die Bildung
Gebühren.
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neuer Arten von Gebühren oder auch auf das Zu-
rücktreten früher vorhanden gewesener sein muß.
Es möge noch darauf hingewiesen werden, daß ein
Teil der Gebühren auf volkswirtschaftlichem Ge-
biete seine Grundlage in den Regalien (s. d. Art.)
findet, in dem ausschließlichen Rechte des Staates
auf gewisse Betriebe (z. B. Münzregal).
Die Rechtsgebühren werden unterschieden in
die Gebühren der streitigen Gerichtsbarkeit, der
Strafgerichtsbarkeit und der freiwilligen Gerichts-
barkeit. Der Rechtsstreit ist nicht das regelmäßige
Mittel, um die bestehenden Verhältnisse der ein-
zelnen untereinander in angemessenen Beziehungen
zu erhalten; er soll nur das ausnahmsweise Mittel
gewähren, gestörte Beziehungen wieder richtig-
zustellen. Es sind also hier Privatinteressen der
einzelnen, welche die Tätigkeit der Organe des
Staates erfordern und dadurch Kosten verursachen,
zu deren Tragung der Gesamtheit gegenüber diese
einzelnen mit Recht angehalten werden können.
Wer ferner durch seine Handlungen das straf-
gerichtliche Einschreiten des Staates nötig macht,
wird zu den Kosten des strafgerichtlichen Ver-
fahrens möglichst beizutragen haben, wobei aber
nicht die eigentlichen Strafen, sondern nur die
Gerichtskosten als Gebühren zu rechnen sind. Es
wird weiterhin die Tätigkeit der Gerichte an-
gerufen, um die Sicherung der Privatinteressen
der einzelnen zu gewährleisten; hierher gehören
namentlich alle Eintragungsgebühren, sodann die
Gebühren für Rechtsgeschäfte verschiedenster Art,
für Vormundschaftsangelegenheiten, für Nachlaß-
regulierungen u. a.
Für die Bemessungsgründe kommen fol-
gende Gesichtspunkte in Betracht. Geht man von
dem Grundgedanken aus: der einzelne soll durch
die Gebühr dem Staat (Gemeinde) Ersatz leisten
für die in seinem besondern Interesse entstandenen
Kosten, so muß eine genaue Berechnung im ein-
zelnen Fall eintreten. Dies geschieht auch vielfach
insofern, als die im allgemeinen festgestellten Sätze
auf den einzelnen Fall Anwendung finden. Es ist
ja nicht möglich, z. B. bei den Gerichtskosten nach-
zuweisen, wieviel nun gerade der Anteil eines ein-
zelnen Prozesses an den Gesamtkosten der Justiz-
verwaltung betrage; man hat aber Maßstäbe
gebildet, z. B. nach dem Wert des Gegenstandes,
nach der aufgewendeten Mühe (Anzahl der be-
schriebenen Bogen usw.), nach der Höhe der Strafe
und nach der Höhe der Instanz, indem alle Ge-
bührensätze bei der Berufungsinstanz höher fest-
gesetzt werden als bei der unteren Instanz. Bei der
Feststellung der Gerichtskosten ist es sehr wichtig,
daß die Gesetzgebung das Richtige trifft: zu
niedrige Kosten vermehren die oft entsittlichend
wirkende Prozeßsucht, zu hohe kommen einer
Rechtsverweigerung für Unbemittelte nahe. Auch
auf dem Gebiete der Verwaltungsgebühren ist es
nötig, die Höhe in billigem Verhältnis zu dem
Zwecke, zu dem Interesse des einzelnen an der
Amtshandlung, anderseits zu den Kosten, welche