Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Straßen, Plätze, Werften, Brücken, Hafenanlagen, 
öffentliche Flüsse, Häfen und Seen und deren Ufer, 
soweit sie innerhalb des Gemeindegebiets liegen 
und nicht dem Staate vorbehalten sind. Diese 
unterliegen dem gleichmäßigen Gebrauch aller 
Staatsangehörigen innerhalb der bestehenden Ord- 
nung, ohne daß die Gemeinde berechtigt wäre, die 
Angehörigen anderer Gemeinden von der Be- 
nutzung auszuschließen. Die Ausdehnung und 
Benutzung dieses Eigentums unterliegt öffentlich- 
rechtlichen Grundsätzen. Die obersten dieser Grund- 
sätze sind regelmäßig durch Staatsgesetz festgestellt, 
während die Einzelheiten meist den polizeilichen 
Anordnungen der Gemeinde überlassen sind. 
2. Das Verwaltungsvermögen der Ge- 
meinde umfaßt alle unbeweglichen und beweglichen 
Stücke des Gemeindevermögens, welche der Er- 
füllung der einzelnen Gemeindeaufgaben dienen, 
also das bewegliche und unbewegliche Inventar 
zum Dienst der Gemeindebehörden und die Ge- 
meindeanstalten im weitesten Sinne. Dieses Ver- 
mögen steht, was den Bestand desselben angeht, 
im Privateigentum der Gemeinde, ist aber dauernd 
für einen öffentlichen Zweck bestimmt und daher, 
solange diese Bestimmung nicht auf ordnungs- 
mäßigem Wege abgeändert ist, in der Verwen- 
dung für diesen Zweck gebunden. Die bezeichneten 
Stücke sind res publicae universitatis. Zu 
diesem Verwaltungsvermögen gehören zunächst, 
als den natürlichen Gemeindezwecken dienend, die 
Rathäuser und sonstige Geschäftshäuser, Schul- 
gebäude, Kranken-, Waisen-, Armenanstalten, 
öffentliche Gärten, Bäder, Leihhäuser, Museen, 
Bibliotheken, Archive, Feuerwehr-, Bewässerungs- 
und Straßenreinigungspark, Kanalisationen usw. 
Sodann aber sind zu diesen ursprünglichen Ge- 
meindeanstalten in neuerer Zeit mit der Ausdehnung 
des Begriffs der gemeinwirtschaftlichen Bedürfnisse 
viele weitere getreten, welche von der Gemeinde 
lediglich geschaffen sind, weil der Betrieb durch 
die Gemeinde und für die ganze Gemeinde wirt- 
schaftlich am vorteilhaftesten ist oder aus sozialen 
Rücksichten sich empfiehlt. Hierher sind zu zählen 
die Gasanstalten, elektrischen Anstalten, Wasser- 
leitungen, Theater, Konzerthäuser, Straßenbahnen. 
Die Benutzung dieser Anstalten ist regelmäßig nur 
gestattet gegen Entgelt, meist aber auf Grund einer 
festen Taxe. Sie pflegen so verwaltet zu werden, 
daß ihre Kosten durch die Einnahmen gedeckt 
werden, im übrigen aber nach den Anforderungen 
des Gemeinwohls. 
3. Außer den beiden bisher erwähnten Arten 
des Gemeindevermögens, welche jeder Gemeinde in 
weiterem oder engerem Maße naturnotwendig sind, 
besitzen viele Gemeinden noch ein Nutzungs-= 
vermögen, auch Kämmereivermögen genannt, das 
nicht in der Verwendung für bestimmte Gemeinde- 
zwecke gebunden ist, sondern auf den höchstmög- 
lichen Ertrag hin verwaltet werden kann, und das 
nicht unmittelbar, sondern erst durch seine Erträge 
für Gemeindezwecke dienstbar gemacht wird: 
Staatslexikon. II. 3. Aufl. 
Gemeinde. 
  
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Wälder, Weiden, Landgüter, Bergwerke, Zins- 
häuser, Kapitalien. Diese sind res privatae uni- 
vVersitatis, d. h. sie stehen im Privateigentum der 
Gemeinde als juristischer Person des Privatrechts, 
sowohl dem Bestande als der Benutzung nach, 
und unterscheiden sich in nichts vom Privateigentum 
einer physischen Person. Für die Veräußerung 
dieser Art des Gemeindevermögens ist allgemein 
eine Staatsaufsicht vorbehalten, weil die Erhal- 
tung des Gemeindevermögens seiner Substanz 
nach als ein staatliches Interesse betrachtet wird. 
Mitunter besteht noch ein unmittelbares Nutzungs- 
recht der einzelnen Gemeindemitglieder durch 
Weidgang, Holzbezug oder Streugewinnung aus 
den Gemeindewäldern. Im Mittelalter war diese 
gemeinsame Nutzung viel allgemeiner; in neuester 
Zeit hat sie sich nur bei manchen Landgemeinden 
erhalten. 
VI. Die Einnahmen der Gemeinden. 1.Das 
Nutzungsvermögen wird, wie in jedem privatwirt- 
schaftlichen Betrieb, so verwaltet, daß es die höchst- 
möglichen Erträge abwirft. Wo es in erheblichem 
Maße vorhanden ist, ermöglicht es eine freiere 
Bewegung der Gemeinde in ihren Ausgaben und 
eine Schonung der Steuerkraft der Bürger, welche 
dem Aufblühen der Gemeinde sehr förderlich sein 
kann. Die früher verbreitete Forderung, dieses 
Vermögen im privatwirtschaftlichen Interesse auf- 
zuteilen und in Parzellen zu veräußern, ist nahe- 
zu verschwunden, gerade wie die entsprechende 
Forderung in Bezug auf die staatlichen Domänen. 
Es hat sich die Einsicht Bahn gebrochen, daß 
durch solche Teilungen den einzelnen nicht dauernd 
genützt, der Gemeinde als solcher aber dauernd 
geschadet würde. 
2. Einnahme aus den Überschüssen gewerblicher 
Unternehmungen. Diese Überschüsse bilden häufig 
einen nicht unerheblichen Teil des Gemeinde- 
einkommens. Sie sind ihrer volkswirtschaftlichen 
Natur nach gewerblicher Gewinn. Sofern die- 
selben herrühren aus Unternehmungen, welche einen 
tatsächlich monopolistischen Charakter haben, wie 
Wasserleitungen, Gasanstalten, Elektrizitätswerke, 
Straßenbahnen, enthalten sie eine indirekte Steuer, 
deren Berechtigung verschieden zu beurteilen ist. 
Sie haben den Vorteil aller indirekten Steuern, 
leicht eintreibbar zu sein, keinen unmittelbar fühl- 
baren Druck zu verursachen und unter Umständen 
erhebliche Beträge abzuwerfen, aber auch oft den 
Nachteil der ungleichen oder ungerechten Vertei- 
lung. Jedenfalls sind sie in größerem MaßPstab 
nur zu billigen, wenn die Abstufung der Taxe für 
die Benutzung der einzelnen Anstalten auf die 
verschiedenen wirtschaftlichen Bedürfnisse und die 
verschiedene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in der 
Weise Rücksicht nimmt, daß die Verteilung auf die 
einzelnen Steuerträger von sozialen Gesichtspunk- 
ten aus als gerecht anerkannt werden kann. 
3. Gebühren und Beiträge. Die Gemeinden 
erheben für die Benutzung der von ihnen im 
öffentlichen Interesse unterhaltenen Veranstal- 
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