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die Gesandten Cromwells angenommen).“ (v. Ull-
mann a. a. O. 168.
Das päpstliche Gesandtschaftsrecht wird allge-
mein als ein dem Papste zustehendes Souveräni-
tätsrecht anerkannt und tatsächlich ausgeübt.
Wenn auch vom völkerrechtlichen Standpunkt
aus eine Pflicht zur Ausübung des Gesandtschafts-
rechts nicht bestehen kann, so wird doch unmoti-
vierter Nichtgebrauch dieses Rechts innerhalb der
heutigen Staatengemeinschaft gegenüber einem
Staate, mit dem man sich im Friedenszustande
befindet, nicht nur als bloße Unfreundlichkeit be-
trachtet, sondern würde Retorsionsmaßregeln und
Isolierung des betreffenden Staates zur Folge
haben. Voraussetzung ist hierbei natürlich, daß
zwischen den betreffenden Staaten diplomatische
Beziehungen bestanden haben und daß die gegen-
seitigen Beziehungen eine Vertretung wünschens-
wert erscheinen lassen. Kleine, unbedeutende Staa-
ten, etwa wie Lichtenstein, Monaco, Luxemburg
oder Montenegro, werden natürlich nicht bei allen
Mächten Gesandte haben. Aber auch größere
Staaten, wie Dänemark und die Schweiz, sind
nicht bei allen Mächten vertreten. Nach inter-
nationalem Gewohnheitsrechte hat jeder Staat
das Recht, Personen, welche ihm nicht genehm
sind, mit oder ohne Angabe von Gründen als
Gesandte abzulehnen. Aus diesem Grunde ist es
allgemein üblich, vor Ernennung eines Gesandten
bei der zu besendenden Regierung vertraulich an-
zufragen, ob ihr der zu Ernennende genehm sei
(agréation).
Die Ausübung des Gesandtschaftsrechts steht
grundsätzlich dem Träger der Souveränität zu,
somit in der Monarchie dem Monarchen, in der
Republik dem Volke bzw. dem vom Volke zur
Ausübung der Souveränitätsrechte eingesetzten
Organe (dem Präsidenten oder einem höchsten
Rate) und im monarchischen Bundesstaate der
Korporation der Monarchen bzw. dem diese
Monarchen vertretenden Organe. In Abweichung
von diesen prinzipiellen Gesichtspunkten hat im
Deutschen Reiche nach Art. 11 der Reichsver-
fassung nicht der Bundesrat, sondern der Kaiser
das Reich völkerrechtlich zu vertreten und im
Namen desselben Gesandte zu beglaubigen und
zu empfangen, d. h. das Gesandtschaftsrecht aus-
zuüben. Ob und inwiefern ein Staatsoberhaupt
bei der Ernennung der Gesandten auf die Zu-
stimmung anderweitiger Staatsorgane oder die
Übernahme der Verantwortlichkeit von seiten ge-
wisser Staatsdiener angewiesen ist, entscheidet die
jeweilige Verfassung des einzelnen Staates. Im
Falle einer Regentschaft geht in der Monarchie
die Ausübung des Gesandtschafts= wie die eines
jeden andern Souveränitätsrechts auf den Re-
genten über. "
III. Arten und Klassen der diplomakischen
Agenten. Bis zum Ausgange des 15. Jahrh.
gab es neben den päpstlichen Legaten und Nuntien
nur eine Klasse von Gesandten, nämlich die
Gesandte ufw.
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Botschafter (ambaxatores, legati, ambassa-
deurs), welche den vollen Repräsentativcharakter
hatten, d. h. als die persönlichen Vertreter ihrer
Souveräne galten. Vermöge ihres hiermit gekenn-
zeichneten Charakters beanspruchten und erhielten
die Botschafter im großen und ganzen im Zere-
moniell die Ehren ihrer Souveräne. Neben den
Botschaftern bediente man sich bis in die Mitte
des 16. Jahrh. nur noch der Agenten (agentes),
welche keinen öffentlichen Charakter und keinerlei
Zeremonialrechte hatten und in der Regel nur in
minder wichtigen Staatsangelegenheiten entsendet
wurden. Später legte man diesen Agenten den
Namen Geschäftsträger (agentes in rebus
publicis, chargés d’'affaires) bei, um sie von den
lediglich nur zur Besorgung von Privatangelegen-
heiten ihrer Souveräne beauftragten Agenten zu
unterscheiden. Nachdem noch im 16. Jahrh. all-
mählich ständige Gesandtschaften (legationes
assiduae, ambassades ordinaires et accom-
pagnées d’une résidence perpétuelle) errichtet
worden waren, gab der Umstand, daß die Bot-
schafter bei ihrer Abreise Stellvertreter mit dem
Titel Agenten oder Residenten zurückzulassen
pflegten, zur Entstehung einer neuen Klasse von
diplomatischen Vertretern, der sog. Residenten
(résidents), Veranlassung. Unter einem Residenten
verstand man seit etwa 1600 einen Gesandten,
welcher zwar nicht den vollen Repräsentativcharakter
eines Botschafters, wohl aber einen öffentlichen
Charakter besitzt und dem Range nach über den
bloßen Agenten steht.
Da die Botschafter als die persönlichen Ver-
treter ihrer Souveräne stets mit einem entsprechen-
den Aufwande auftreten mußten und zwischen
denselben endlose und oft sehr unerquickliche Rang-
streitigkeiten herrschten, so machte sich im 17. Jahrh.
das Bedürfnis geltend, neben den Botschaftern eine
Klasse von Gesandten zu haben, die zwar nicht den
vollen Repräsentativcharakter der Botschafter be-
sitzen, sich jedoch eines höheren Ehrenzeremoniells
erfreuen als die Residenten. Diese Gesandtenklasse
bilden die sog. gentilhommes envoyés, d
abgesandte Edelleute, denen an den einzelnen Höfen
bald das Zeremoniell eines Botschafters, bald das
eines Residenten zuteil wurde. Gegen das Ende
des 17. Jahrh. wurden diese envoyés den Resi-
denten dem Range nach gleich und mit diesen in
Rom sowie an den meisten andern Höfen als Ge-
sandte zweiter Klasse betrachtet, rücksichtlich welcher
nur zwischen envoyés ordinaires ou résidents
und envoyés extraordinaires unterschieden
wurde, je nachdem sie als ständige Gesandte oder
als Gesandte in außergewöhnlichen Angelegen-
heiten fungierten. Die Höfe von Wien und Paris
schlossen sich jedoch dieser Praxis nicht an, sondern
unterschieden zwischen envoyés und Residenten, in-
dem sie jene in die zweite diese aber in die dritte Ge-
sandtenklasse einreihten. Zu Anfang des 18. Jahrh.
wurde diese Einteilung der Gesandten auch in
den übrigen Staaten gebräuchlich; nur Venedig,