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Gesandte usw.
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schauplatz ist nur mit Geleitbrief frei, der von der= hat, so erhält der Gesandte von seinem Absende-
jenigen Macht ausgestellt sein muß, deren Linien
der Gesandte passieren will.
IX. Beendigung der diplomatischen Mis-
sion. Diese tritt ein: 1) durch Ablauf der Frist,
für welche die diplomatische Mission erteilt wurde,
z. B. durch die Beendigung des Kongresses, zu
welchem der Gesandte abgeschickt wurde, oder bei
interimistischen Geschäftsträgern durch die Rück-
kehr des ordentlichen Gesandten. 2) Durch die
Erledigung des speziellen Auftrages, wie dies
z. B. bei Zeremonialgesandten regelmäßig der
Fall ist. 3) Durch den Tod, die Abdankung
oder Entfernung des Souveräns, den der Ge-
sandte vertritt, oder desjenigen, bei dem er be-
glaubigt ist, da ja nach dem Wiener Regle-
ment die drei ersten Rangklassen der Gesandten
von Staatsoberhaupt zu Staatsoberhaupt be-
glaubigt werden. Doch werden die Geschäfte weiter-
geführt, bis dem Gesandten die Vollmacht aus-
drücklich oder durch Bestellung eines Nachfolgers
entzogen wird; dabei muß allerdings die Beglau-
bigung erneuert werden. Dasselbe ist nach herr-
schender Meinung der Fall beim Wechsel des
Staatsoberhauptes derjenigen Republiken, in denen
dem Präsidenten das Repräsentationsrecht ohne
Einschränkung zusteht, wie z. B. in Frankreich.
Der Gesandte eines abgesetzten Staatshauptes gilt,
wie die herrschende Meinung annimmt, nur noch
als Privatbevollmächtigter, sobald das neue Staats-
oberhaupt ihm einen Nachfolger bestellt hat. „Emp-
fang eines Gesandten ist Anerkennung des ent-
sendenden Staatshauptes; ebenso ist Entsendung
eines Gesandten Anerkennung des besendeten
Staatshauptes“ (Heilborn, Völkerrecht, a. a. O.
1029). 4) Durch Abbruch der diplomatischen
Beziehungen zwischen Absende= und Empfangs-
staat bei Ausbruch eines Krieges zwischen diesen
beiden Staaten; hierbei pflegt der Gesandte die
Vertretung der Interessen seiner Landsleute dem
Gesandten einer andern Macht zu übertragen.
Bei einer Abberufung eines Gesandten vor dem
Beginn des bevorstehenden Krieges betraut er ein
Mitglied der Gesandtschaft mit der Besorgung
der minder wichtigen diplomatischen Geschäfte.
5) Durch die Einstellung der gesandtschaftlichen
Funktionen von seiten des Gesandten, z. B. in-
folge schwerer Beleidigung desselben seitens des
Empfangsstaates oder infolge eines andern poli-
tischen Ereignisses von großer Erheblichkeit.
6) Durch die Zurückberufung (rappel) des Ge-
sandten von seiten seines Absendestaates. 7) Durch
die Weigerung des Empfangsstaates, den Ge-
sandten noch ferner als solchen anzuerkennen.
8) Durch den Tod des Gesandten.
Erfolgt die Zurückberufung eines Gesandten
von seiten seines Absendestaates, weil dieser den
Gesandten entweder anderweitig verwenden will,
oder ihn aus irgend einem Grunde als für seine
staate ein Abberufungsschreiben (lettre
de rappel), welches die Form des Beglaubigungs-
schreibens hat und dem Staatsoberhaupte des
Empfangsstaates vom Gesandten in einer ihm be-
willigten Abschiedsaudienz (audience de conge))
übergeben wird, wogegen der Gesandte sodann ein
die Beglaubigung aufhebendes Antwortschreiben,
das sog. Rekreditiv (lettre de récréance), sowie
die Reisepässe für sich und sein Gefolge erhält. Ist
der Gesandte beim Eintreffen des Abberufungs-
schreibens abwesend, oder ist dasselbe eine Folge
eines unangemessenen Betragens im Empfangs-
staate, so überreicht der Gesandte das Abberufungs-
schreiben entweder durch ein Abschiedsmemoire
oder durch seinen Nachfolger. Die päpstlichen
Nuntien überreichen kein Abberufungsschreiben;
deren Abberufung wird nur vom Kardinalstaats-
sekretär dem Ministerium des Auswärtigen noti-
fiziert. — Erfolgt die Zurückberufung eines Ge-
sandten von seiten seines Absendestaates wegen
einer diesem oder dem Gesandten zugefügten Be-
leidigung oder wegen Ausbruchs eines Krieges
oder als Retorsionsmaßregel, so pflegt der Ge-
sandte vom Empfangsstaate seine Pässe zu ver-
langen und abzureisen. — Die Weigerung des
Empfangsstaates, einen Gesandten aus irgend
einem Grunde (z. B. weil er sich eines Vergehens
oder Verbrechens schuldig gemacht hat, oder wegen
bestehender Mißhelligkeiten zwischen den beiden
Staaten) noch ferner als solchen anzuerkennen,
findet in der Regel durch die Zustellung der Pässe
an den Gesandten ihren Ausdruck, worin die Auf-
forderung liegt, das Staatsgebiet zu verlassen.
Eine förmliche Ausweisung oder gar Ausschaffung
eines Gesandten ist nur in dringenden Fällen
statthaft. — Im Falle des Todes eines Gesandten
darf der Empfangsstaat sich in keiner Weise, außer
im äußersten Notfalle, in die Reglung des amt-
lichen wie persönlichen Nachlasses mischen. Der
Absendestaat kann vielmehr zu diesem Zweck einen
besondern Kommissar entsenden. Geschieht dies
nicht, so ist der erste Beamte der Gesandtschaft
hierfür zuständig; in Ermanglung eines solchen
darf die Reglung durch den Chef oder einen Be-
amten einer andern Gesandtschaft erfolgen. Bis
zur Abreise genießt die Familie des Gesandten alle
ihr zustehenden Exemtionen, wobei allerdings ein
Termin fixiert werden kann, nach dessen Ablauf
die Jurisdiktion des Empfangsstaates in vollem
Umfange wirksam wird.
Die Suspension der Mission ist die
zeitweilige Unterbrechung derselben wegen eingetre-
tener Mißhelligkeiten zwischen den beiden Staaten,
ebenso bei revolutionären Vorgängen im Emp-
fangsstaate, deren Ausgang ungewiß ist. In solchen
Fällen verbleibt der Gesandte meist auf seinem
Posten und im Genusse seiner Rechte.
Literatur. Alt, Handb. des europ. Gesandt-
Stellung nicht geeignet erachtet, oder weil der schaftsrechts (1870) Bluntschli, Das moderne Völ-
Gesandte selbst um seine Enthebung nachgesucht kerrecht (51878); ders., Staatswörterbuch V (1859;