Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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pretation (Preußisches Oberverwaltungsgericht 
XXXVIII (1901] 405, 417) müssen die deut- 
schen Logen durchaus als Vereine betrachtet wer- 
den, welche im Sinne des 8 3 des Gesetzes „eine 
Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten be- 
zwecken“ und daher den Bestimmungen des § 18, 
Abs. 1 unterliegen. Außerdem kommt noch in 
Frage, ob Logen nicht im Sinne des § 1 des Ver- 
einsgesetzes den Strafgesetzen (26. Febr. 1878 
§ 128) zuwiderlaufen oder im Sinne des § 24, 
Abs. 1 „religiöse Vereine“ sind bzw. gemäß § 61 
des B.G.B., „in religionsfreundlichem oder-feind- 
lichem Sinne“ (Erklärung des Staatssekretärs des 
Reichsjustizamtes, Bericht der Reichstagskommis- 
sion S. 11), „einen religiösen Zweck verfolgen“. 
In Schweden, Dänemark. Norwegen ist, wie 
in Preußen, das sein Protektorat auf die ganze 
deutsche Freimaurerei auszudehnen sucht, die Frei- 
maurerei der esoterischen Kontrolle des Protekto- 
rats unterstellt, das auch in England wesentlich 
auf die Haltung der Logen einwirkt. So kann 
man sagen, daß sämtliche nicht selbst aus frei- 
maurerischen Revolutionen hervorgegangenen Re- 
gierungen auf die eine oder die andere Art ihre 
Vorsichtsmaßregeln gegen den Freimaurerbund 
ergriffen haben. 
Unter den kirchlichen Verordnungen 
gegen die Freimaurerei ist besonders die Bulle 
Klemens' XII. In eminenti (28. April 1738) 
bemerkenswert. Denn sämtliche späteren päpst- 
lichen Erlasse (Benedikt XIV. 18. Mai 1751; 
Pius VII. 13. Sept. 1821; Leo XII. 13. März 
1825; Pius VIII. 21. Mai 1829; Gregor XVI. 
15. Aug. 1832; Pius IX. 25. Sept. 1865 usw.; 
Leo XIII. 20. April 1884, 15. Okt. 1890) sind 
nur Bestätigungen und weitere Ausführungen 
dieses Aktenstückes. Darin sind zutreffend fol- 
gende Gründe der Verurteilung angegeben: 1) der 
neutral-naturalistische Charakter der Freimaurerei, 
durch welchen sie den katholischen und christlichen 
Glauben der Mitglieder untergräbt, religiösen 
Indifferentismus erzeugt und aller positiven, „dog- 
matischen" Religion feindselig ist; 2) das undurch- 
dringliche Geheimnis und die chamäleonartige 
Natur der Freimaurerei, durch welche sie wie ein 
Dieb und Fuchs sich einschleicht, Unbehutsame um- 
garnt und weite Kreise in geistlicher und weltlicher 
Hinsicht schädigt; 3) die weder in ihrem Zweck und 
Gegenstand noch in ihrer Form und Fassung zu 
rechtfertigenden Eide und Gelöbnisse, durch welche 
Verpflichtungen übernommen werden, deren Trag- 
weite der sich Verpflichtende nicht einmal zu be- 
urteilen vermag; 4) die Gefahr, welche das Be- 
stehen solcher Geheimbünde für die Ruhe und 
Sicherheit der Staaten in sich schließt. 
Literatur. Allg. Handbuch der Freimaurerei 
(3Bde, 1822/28; 4Bde, 1862/79; 2 Bde, 1900); 
A. G. Mackey-Ch. T. MeClenachan, An Encpyclo- 
pedia of Freemasonry (2 Bde, neue Aufl. Neuyork 
u. Lond. 1908); A. C. Stevens, The Cyclopedia 
of Fraternities (Neuyork?1907); G. Schuster, Die 
Gesellschaften, geheime. 
  
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geheimen Gesellschaften, Verbindungen u. Orden 
(2 Bde, 1902/06); R. F. Gould, History of Free- 
masonry (3 Bde, Lond. 1883/87); ders., A concise 
History of Freemasonry (ebd. 1903); W. Bege- 
mann, Vorgesch. u. Anfänge der Freimaurerei in 
England 1 (1909); H. Boos, Gesch. der Freimau- 
rerei (21906); R. Fischer, Erläuterungen der Kat- 
echismen der Johannis-Freimaurerei (1 881907, 
II1 291908, III 221908); J. G. Findel, Schriften 
über Freimaurerei (Bde nebst Broschüren, 1861 
bis 1907); A. Pike, Morals and dogma etc. (Char- 
leston S. C. 1881); ders., The Porch etc. (ebd. 
1872); ders., The Inner Sanctuary (5 Tle, ebd. 
1867/79); J. M. Ragon, Rituels (der 33 Grade 
des Alten u. Angenommenen Schottischen u. des 
modernen franz. Ritus usw.; Par. 1860/62) usw. — 
Zeitschriften: Bauhütte (1858/1908); Signale 
für die deutsche Maurerwelt (1895/1908); Der 
Herold (1892/1908); Zirkelkorrespondenz d. Großen 
Landesloge von Deutschland (1872/1890); Bul- 
letin du Grand Orient de France (Par. 1846/96); 
Compte-rendu aux Ateliers de la Fédération des 
travaux du Grand Orientde France (ebd. 1896 bis 
); Rivista della Massoneria Italiana (Rom 
184; Rivista massonica (ebd. 1905/08); 
The Freemason'’s Chronicle (Chr.) (Lond. 1874 
bis 1908); Ars Quatuor Coronatorum (Ad#0), 
Transactions (ebd. 1888/1908). — Die weitere für 
den Artikel benutzte umfangreiche Literatur konnte 
mit Rücksicht auf den hier zur Verfügung stehenden 
Raum nicht verzeichnet werden. 
II. Sonstige geheime Gesellschaften. 1. Der 
„Illuminatenorden" — von Prof. Br.- A. 
Weishaupt in Ingolstadt im gleichen Jahre (1776) 
begründet, in welchem Br.- Mirabeau (Br.- 
Colfavru, La Revol. franç., revue historique, 
zitiert in Rivista 1883, 61 ff) seinen aus den 
fortgeschrittensten Freimaurern zusammengesetzten 
engeren revolutionären Geheimbund stiftete — 
förderte durch den Einfluß, den er teils auf ein- 
zelne Personen, teils durch diese, z. B. Bode, 
Knigge, Schröder usw., auf die Freimaurerei in 
Deutschland und Osterreich, teils als Vorbild von 
Verschwörungsgesellschaften und Herd umstürz- 
lerischer Ideen auch über die deutschen Grenzen 
hinaus übte, nicht wenig die kommenden revolu- 
tionären Strömungen (vgl. Br.-. L. Blanc, Hist. 
de la Révol. franç. II 58). Der englische Aktiv- 
Großmeister Earl of Moyra gab, nachdem eres an- 
fangs bestritten hatte, 1809 selbst zu, daß die kon- 
tinentalen Logen sich hatten vom aufrührerischen 
Geiste der Illuminaten anstecken lassen (Gould, 
Hist. II 485). Sogar Karl August von Sachsen- 
Weimar, Herzog Ernst von Gotha, Herzog Ferdi- 
nand von Braunschweig, Goethe, Herder, Schlosser, 
Pestalozzi und viele Mitglieder der Helvetischen 
Gesellschaft wurden Illuminaten. Der Orden hatte 
selbst in Dänemark, Schweden und Rußland An- 
hänger. Doch gelangten nur wenige in die höheren 
Grade (Boos, Gesch. 308; Engel, Gesch. 353 ff. 
Von französischen Illuminaten werden besonders 
Mirabeau und Condorcet genannt. Ganz im Sinne 
Weishaupts waren auch die „Philosophen“ tätig, 
welche die französische Revolution vorbereiteten, und
	        
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