Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

615 
ganisation der landwirtschaftlichen Dienstboten 
unternimmt zur Zeit Georg Heim in Bayern. 
Die betreffenden Vereine setzen sich eine umfassende 
Besserung des gesamten ländlichen Dienstboten- 
wesens zum Ziel; eine ihrer Hauptbestrebungen geht 
auf Gewährung von Unterstützungen zur Ermög- 
lichung des Erwerbes von kleinen bäuerlichen An- 
wesen durch ihre Mitglieder. 
Literatur. Die Kommentare zu den G. ord- 
nungen: Posseldt-Lindenberg (71907) für Preußen, 
v. Bernewitz für Sachsen, Schmid für Sachsen- 
Weimar-Eisenach, Mühlenbein für Anhalt, Ram- 
pacher für Württemberg; ferner die Kommentare 
zu den Ausführungsgesetzen zum B. G. B. (für 
Preußen Reimer-Böhlau, für Bayern Henle- 
Schneider usw.); Becher, Die Ausführungsgesetze 
zum B. G. B. (1899/1900); Geßler, Bayr. Dienst- 
botenrecht (1908); Klein, Das preußische G recht 
(1908; alphab. geordn. Nachschlagebuch); sodann 
Kähler, G.wesen u. G. recht in Deutschland (18960); 
v. Olhafen, Dienstbotenwesen in Bayern; Keidel 
in der Bayr. Gemeindezeitung, 10. Jahrg., Nr 12 
bis 15; Blätter für Rechtsanwendung zunächst in 
Bayern, 65. Jahrg., S. 201 ff; Dienstbotenord- 
nung für das Erzherzogtum Österreich unter der 
Enns (mit Ausnahme von Wien), Gesetz vom 
22. Jan. 1877 (1884); Österr. Staatswörterbuch 
von Mischler u. Ulbrich 12 155; Handwörterbuch 
der Staatswissenschaften von Conrad usw. IVI2 
(v. Brünneck); s. auch Deutsche Juristenzeitung, 
5. Jahrg., Nr 23, Literaturangaben. 
Stillich, Lage der weibl. Dienstboten in Berlin 
(1904); van der Borght, Sozialpolitik (1906); 
Aug. Pieper, Die Dienstbotenfrage (1908); Georg 
Heim, Die ländlichen Dienstbotenorganisationen; 
Soziale Praxis XVI, XVII u. XVIII; Soziale 
Kultur 1908, 438; Soziale Revue 1907/09; Jahr- 
bücher für Nationalökonomie u. Statistik 1908, 
274.— [Menzinger.)] 
Gesundheitspflege, öffentliche; Ge- 
sundheitspolizei. [I. Gesundheitspflege. 
1. Allgemeine Gesundheitsbedingungen, Statistik 
und Wissenschaft, Bakterienkunde. Allgemeine 
Verhältnisse und Verbesserung derselben: Luft, 
Boden, Wasser, Wohnung und Besiedlung. 2. Be- 
sondere Verhältnisse. Hygiene der Städte, Bau- 
ordnung, Kanalanlagen, Wohnungsschau; Hygiene 
der Schulen, Krankenanstalten, gewerblichen Unter- 
nehmungen, Militärhygiene, Hygiene des Ver- 
kehrs. Aufgabe der Vereine, Gemeinden, des 
Staates. II. Gesundheitspolizei. Vorbeugung bei 
Blattern, Syphilis, Tuberkulose, Cholera. Heil- 
personal.) 
Unter den Begriff „öffentliche Gesundheits- 
pflege“ fallen alle Veranstaltungen, Vorkehrungen 
und Maßregeln, welche mittelbar oder unmittelbar 
Förderung und Schutz der Gesundheit bezwecken, 
insoweit diese Aufgabe durch das einzelne Indi- 
viduum oder die Familie nicht gelöst werden kann. 
Alles, was der einzelne in dieser Hinsicht für sich 
und seine nächste Umgebung selbst zu tun vermag, 
fällt unter die individuelle oder private Hygiene. 
Diese ist also die Voraussetzung und unentbehr- 
liche Begleiterin der sozialen oder öffentlichen 
Gesundheitspflege usw. 
616 
Hygiene. Aber der einzelne besitzt nicht immer Ein- 
sicht und guten Willen genug, oder wenn beides 
vorhanden ist, fehlen hinreichende Befähigung, 
Macht und Mittel, um allgemeine gesundheitliche 
Gefahren von sich und andern abzuwehren. Da 
tritt dann das Ganze für den Teil, die Gesell- 
schaft für den einzelnen ein. Die soziale Gesund- 
heitspflege ergänzt und erweitert die individuelle, 
die öffentliche tritt an die Stelle der privaten. — 
Wenn jeder Mensch die Pflicht hat, nach Kräf- 
ten für seine Gesundheit zu sorgen, solange und 
in dem Umfange, als nicht höhere Pflichten diese 
aufheben, wenn somit jeder Mensch ein natürliches 
Recht auf Schutz seiner Gesundheit besitzt, so ist 
die Pflicht der Gesellschaft zweifellos, diesen 
Schutz zu gewähren, soweit ihn der einzelne sich 
nicht geben kann. Der Schutz, den gemeinsames 
Arbeiten und einträchtiges Handeln der Gesamt- 
heit dem Individuum verleiht, erhält und sichert 
wieder den Bestand der Gesellschaft selbst. Denn 
die sichersten Hilfsquellen des Erwerbs und Wohl- 
standes entfließen der körperlichen und geistigen 
Tüchtigkeit (der mens Sana in corpore sano) 
vieler einzelnen, und nichts erhöht die nationale 
Leistungsfähigkeit nach innen und außen so sehr 
als die Hebung des allgemeinen Volksgesundheits- 
zustandes. Mit der Pflicht der Gesellschaft, die 
öffentliche Gesundheit zu pflegen, geht Hand in 
Hand das Recht, die zum Schutze der Gesund- 
heit zweckdienlichen Mittel aufzusuchen und die 
gefundenen — gegebenenfalls unter Anwendung 
von Zwang — zu gebrauchen. Das Aufsuchen, 
Bestimmen und Verbreiten der die öffentliche Ge- 
sundheit fördernden und erhaltenden Mittel ist 
Sache der „öffentlichen Gesundheitspflege“; die 
gesetzliche UAnwendung, Durchführung und Über- 
wachung derselben Sache der „Gesundheitspolizei“. 
Beide Begriffe faßt man wohl auch unter der ge- 
meinsamen Bezeichnung „öffentliches Sanitäts- 
wesen“ zusammen. 
II. SGesundheitspstege. Im weiteren Sinne 
wäre jede Veranstaltung öffentlicher Art, welche 
dazu bestimmt oder geeignet ist, Leib und Leben 
zu schützen, als Ausfluß der öffentlichen Gesund- 
heitspflege zu betrachten. Indessen pflegt man 
Einrichtungen, welche mit dem Leben und der Ge- 
sundheit auch das Eigentum vor Schaden be- 
wahren, wie Vorkehrungen gegen Feuersgefahr, 
Häusereinsturz, Uberschwemmung, oder Maßregeln, 
welche zur Verhütung körperlicher Unfälle im Ge- 
werbebetriebe und Verkehrswesen dienen, gewöhn- 
lich nicht zur öffentlichen Gesundheitspflege zu 
rechnen, sondern als allgemeine Wohlfahrtsein- 
richtungen anzusehen und der allgemeinen Sicher- 
heitspolizei zu unterstellen. Ferner betrachtet man 
die auf Verbesserung des Loses der Arbeiter ge- 
richteten Maßnahmen wesentlich als sozialpolitische 
Aufgaben und fördert sie, wie auch das Urbar- 
machen von Moorstellen, das Austrocknen von 
Sümpfen, die Aufforstung kahler Bergrücken, die 
Regulierung von Flußläufen, Anlage von Tal- 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.