Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

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Alle Erziehungsanstalten (Alumnate, Konvikte, 
Kadettenhäuser, Pensionate, Seminarien, Waisen- 
häuser), die den Zöglingen auch zur Wohnung 
dienen, bedürfen außer den für Schulen notwen- 
digen Einrichtungen noch Arbeits-, Erholungs-, 
Speise= und Schlafsäle von hinreichender Größe, 
Beleuchtung und Ausstattung, ebenso Badeein- 
richtungen, Gärten mit Turn= und Spielplätzen 
und Krankenstation mit Isolierzimmern für an- 
steckende oder infektionsverdächtige Kranke, die ja 
nicht immer sofort aus der Anstalt entfernt werden 
können. Zur möglichst unverzüglichen Feststellung 
etwaiger ansteckenden Krankheiten in den Volks- 
und andern Schulen sind von der Gemeinde an- 
gestellte Schulärzte kaum zu entbehren. Dieselben 
haben alle sanitären Verhältnisse der Schule über- 
haupt zu überwachen und die Schulaussichtsbehörde 
zu beraten; auch haben sie periodisch Unter- 
suchungen der Augen, Ohren usw. vorzunehmen, 
um Eltern und Erzieher rechtzeitig auf körperliche 
Gebrechen der Schüler, denen durch geeignete Be- 
handlung abgeholfen werden kann, aufmerksam 
machen zu können, wodurch der Entwicklung man- 
cher Übel vorgebeugt würde. 
Zu den Krankenanstalten gehören sowohl 
die eigentlichen Heil- als die Pflegeanstalten. Er- 
stere sind entweder für Kranke aller Art oder für 
spezielle Zwecke bestimmt: Nerven- und Geistes- 
kranke, Augenkranke, Tuberkulöse, Wundkranke, 
kranke Kinder usw. Auch die Entbindungsanstalten 
gehören hierher. Die eigentlichen Pflegeanstal- 
ten sind bestimmt für Säuglinge (Findelhäuser, 
Krippen), Altersschwache und Krüppel (Invaliden-, 
Siechen= Pfründnerhäuser), unheibare Irre, oder 
für unheilbare Gebrechen, wie Epilepsie, Idiotis- 
mus, Erblindung usw. Dazu kommen die Hospize, 
Sanatorien und Rekonvaleszentenhäuser für nach 
schwerer Krankheit Erholungsbedürftige oder 
schwächlich Veranlagte. Vielfach stehen Kranken- 
und Pflegeanstalten in Verbindung mit Unter- 
richtsanstalten, wie Hebammeninstitute, medizini- 
sche, chirurgische usw. Kliniken an den Universi- 
täten. 
Je nach ihrem besondern Zwecke bedürfen diese 
verschiedenen Häuser sehr verschiedener Einrich- 
tungen, um den Anforderungen der öffentlichen 
Gesundheitspflege zu entsprechen. Alle ohne Aus- 
nahme jedoch müssen auf trockenem, durchlässigem 
Baugrunde frei und luftig gelegen und so einge- 
richtet sein, daß die Luft in keiner Weise durch den 
Wirtschaftsbetrieb, Aborte, Senken, Kanalein- 
flüsse usw. verdorben, sondern stets erneuert werden 
kann. Große Anstalten von 100 Betten und mehr 
können heutzutage ohne künstliche Ventilations-= 
einrichtungen, Zentralheizung und Desinfektions- 
anlage kaum mehr den an sie zu stellenden sanitären 
Anforderungen genügen. Die Abortanlagen und 
Badeeinrichtungen sind ebenso wie die wasserdichten 
Gesundheitspflege usw. 
  
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Kleiderverschläge, Schränke oder Tische mit Schub- 
laden dürfen in den Krankensälen selbst nicht vor- 
handen sein. Operations-, Leichen= und Sektions- 
zimmer dürfen nicht fehlen. Bei Neubauten sind 
vor allem der Platz (luftige, trockene, sonnige, nicht 
unter der herrschenden Windrichtung befindliche 
Lage, damit die schädlichen Ausdünstungen einer 
Stadt usw. nicht dem Gebäude zugeführt werden) 
und das Bausystem (ob ein Baracken-, Korridor- 
oder Pavillonsystem dem Zwecke der Anstalt und 
ihren Mitteln am besten gerecht wird) einer sorg- 
fältigen Prüfung zu unterziehen. Für die Größe 
der Krankensäle ist der dem einzelnen Kranken 
zuzumessende Luftkubus, also die Zahl der aufzu- 
stellenden Betten entscheidend. Je nachdem es sich 
um leichtere oder schwerere Fälle handelt, müssen 
für den Kranken 60—120 chm Luftraum, oder 
bei einer Höhe des Saales von 4,5 m 8—14 qm 
Bettraumfläche vorgesehen werden. Wind= und 
regengeschützte, nach der Sonnenseite offene Ve- 
randen sowie Garten= und Parkanlagen dürfen 
nicht fehlen. 
Da fast alle Berufsarten mit gewissen Unzuträg- 
lichkeiten für die Gesundheit mehr oder weniger 
verbunden sind, so kommt es bei der Arbeit in Fa- 
briken und industriellen großgewerblichen 
Anlagen weniger auf das an, was geschieht, was 
verarbeitet wird, als auf die Art und Weise, wie, 
und vorzüglich auch auf die Ortlichkeit, wo ge- 
arbeitet wird. Der Arbeitsraum muß hinreichende 
Größe, Beleuchtung, Ventilation und Schutz vor 
Erkältungen bieten. Ein Luftkubus von 5 chm, 
der vielfach für den Arbeiter als ausreichend be- 
sunden wird, ist viel zu gering bemessen, wie schon 
daraus hervorgeht, daß die Militärbehörde in Ka- 
sernen 13—15 chm pro Mann für notwendig 
hält. Die Arbeiter dürfen ihre Frühstücks= und 
Mittagspausen nicht in den Fabrikräumen, Werk- 
stätten usw. selbst zubringen, sondern müssen gehalten 
sein, ihre Mahlzeiten, nach vorheriger gründlicher 
Reinigung und (bei Arbeiten mit giftigen Staub- 
arten) nach Kleiderwechsel, in einem besonders dafür 
hergerichteten luftigen, eventuell erwärmten Raume 
zu halten. Allen Staubarbeitern müßte die Mög- 
lichkeit gegeben werden, mit möglichst geringem 
Zeitverlust nach Schluß der Arbeit ein Rei- 
nigungsbad (Warmwasser= oder Warmbrause- 
Seifenbad) zu nehmen; ja es sollte auf die fleißige 
Benutzung dieser Einrichtungen seitens der Berg- 
werks= oder Fabrikleitung eine Prämie gesetzt wer- 
den. Uber die zum Arbeiterschutz gehörigen, auch 
der öffentlichen Gesundheitspflege dienenden Vor- 
kehrungen und Maßnahmen der Gewerbeordnung 
vgl. d. Art. Schutzgesetzgebung, gewerbliche. Über 
die Hygiene der Gefängnisse vgl. d. Art. Gefäng- 
niswesen. 
Die öffentliche Gesundheitspflege beim Mili- 
  
tär betrifft vorzugsweise die Einkasernierung der 
und ebenen Fußböden und die mit Kalk= oder OSl= Soldaten, ihre Beköstigung und Waffenaus- 
anstrich versehenen Decken und Wände sehr sorg- 
fältig bis ins einzelne auszuführen. Vorhänge, 
1 rüstung. Seitdem die Militärbehörden die Wich- 
tigkeit sanitär gut eingerichteter Kasernen erkannt
	        
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